Der Wahl-Leipziger vereint in seiner Musik Autotune-Ästhetik mit Consciousness, Trap-Sounds mit kritisch-politischen Inhalten, Minimalismus und große künstlerische Ambition. Er könnte der Vater der zahllosen New-School-Rapper heutiger Tage sein, schlägt die Brücke zwischen Jung und Alt, Ost und West, ist bei den Ravern, Gangstern, Studierenden und dem Feuilleton gleichermaßen populär. Trettmann ist wohl zweifellos einer der wichtigsten deutschsprachigen Künstler der letzten Jahre. Und gerade deshalb wiegt seine Nicht-Handlung so schwer. „Gewalt ist scheiße und ein Problem, nicht nur im Rap. Gerade deswegen muss man offen darüber sprechen und sich nicht plötzlich scheinheilig abwenden, weil sich der Wind gedreht hat“ fügt er weiter an und lässt die Frage offen, wie denn so ein offenes Gespräch auszusehen hat.
Ein Künstler von der Größe und dem Standing eines Trettmann könnte wirklich etwas verändern, auch wenn er mit einer Positionierung gegen Gzuz oder der öffentlichen Thematisierung der Debatte wohl eine nicht unbeachtliche Masse an Streaming-Zahlen einbüßen würde. Es wäre ein erster Schritt raus aus dem Sumpf des Sexismus, Antisemitismus und der Homophobie, die Deutschrap momentan in vielen Bereichen auszeichnet. Dass ein gewisses Vokabular nicht nur in der Kunst geschieht, sondern auch im ganz realen Leben, zeigen Vorgänge wie der besagte Vorfall von Gzuz. „Ich habe mit ihm privat darüber gesprochen, was ich von den Anschuldigungen halte“, erzählt Publikumsliebling Tretti, ohne die Frage zu beantworten, was er denn davon hält. Dass noch nicht einmal ein politisch engagierter und offensichtlich reflektierter Künstler wie Trettmann sich traut, Haltung zu zeigen und sich von Musikern wie Gzuz zu distanzieren, lässt die Hoffnungen auf Besserungen und ein menschliches Rückgrat im Deutschrap in weite Ferne rücken.