Im Vorfeld unseres "Emonats" schwoll mir im Redaktionscall ein Sturm der Entrüstung entgegen: Dieser langhaarige Bartträger von Album der Woche (also nicht Lucio, sondern der Andere - also ich!), der sich immer so viel auf seinen Musikgeschmack einbildet, hatte tatsächlich noch nie bewusst einen Song von My Chemical Romance gehört - geschweige denn wenigstens das Klassikeralbum "The Black Parade". Eine ähnliche Reaktion hatte ich zuvor schon mal von meinem Ex-Mitbewohner bekommen und als ich dieses Defizit dann jüngst auch noch einem Freund bei einem Besuch in Frankfurt beichtete, war das Maß endgültig voll. Scheinbar ist es auf dieser Welt illegal, aus der Generation Y zu stammen und auch nur den leisesten Hauch für Gitarrenmusik übrig zu haben, ohne dabei mit 14 seine Seele an Gerard Way verkauft zu haben. Ich beugte mich also in Sack und Asche und durfte bei meinem Frankfurter Freund nicht ins Bett gehen, ohne "The Black Parade" zu würdigen. Meine Gedanken nach dem Genuss der Platte: Viel mehr, als ich erwartet habe, ganz bestimmt Musik, die in alle Kerben der "Das ist aber kein echter Emo"-Kids schlagen wird und erstaunlich viel Eigenständigkeit, die man sich sicher merkt. Ich merke aber auch: So ganz kann ich den Hype der Restwelt nicht nachfühlen und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich My Chemical Romance dafür ein bisschen zu spät in meinem Leben entdeckt habe. Mentalitäts-Emo bin ich zwar leider auch mit 25 noch, aber die Musik, die mir dagegen hilft, ist erwachsener als ich. Wären es nicht Linkin Park gewesen, vielleicht hätten My Chemical Romance damals meine erste wahre Teenie-Liebe sein können.