Musikalisch werden alle Register gezogen. Mal geht es straight und rotzig nach vorn, nur um danach in eine recht gefühlvolle Ballade zu wechseln. Gitarre, Bass und Drums leisten gute Arbeit und liefern fähige Punkrockhymnen ab. Unterstützt werden sie teils durch die Bläsertruppe von Seeed. Für Abwechslung ist also gesorgt, und auch wenn „Hier und Jetzt“ größtenteils Deutschpunk ist, ist es niemals langweilig oder monoton. Slime machen keinen 3-Akkord-Schrammelpunk, grandiose Melodien sollte man dennoch nicht erwarten. Ab und an gibt es mal ein Gitarrensolo und ausgefeilte Akkordfolgen, aber es ist und bleibt Hamburger Punkrock. Meist ist das auch gut so.
Der Sound ist warm und hart zugleich. Das Mastering ist gelungen und lässt trotz aller Produktion ein gutes Maß an Rotzigkeit und Kanten in den Songs. Kleine Extras, wie eingespielte Reden von Obama, Trump und der Verlesung eines Teils der „Denkmal der Schande“-Rede von Oberpatriot Höcke, tragen immens gut zur Stimmung bei. Bis auf ein paar kleine Ausnahmen, wie dem Raptrack „Patrioten“, der zwar inhaltlich überzeugt, aber sperrig klingt, ist das Songwriting gelungen und nachvollziehbar.
Man merkt, dass sich Slime für dieses Album Zeit gelassen haben und auch wirklich Bock hatten, Musik zu machen. Kein Song wirkt lieblos oder erzwungen. Der Sound ist erwachsen und vielleicht ein wenig sanfter als die frühen Werke der Band, ohne den Biss in den Texten verloren zu haben.Trotz ihres vergleichsweise hohen Alters zeigen Slime auf „Hier und Jetzt“, was deutscher Punkrock 2017 kann und auch können muss: Anecken, Aufwecken und vor allem Rocken, meistens zumindest! Eine Empfehlung für dieses Album kann eigentlich Allen ausgesprochen werden, die keinen Bock auf Nazis haben und Punkrock mögen.
PS:
„Mir wär’ es lieber uns’re Lieder wären nicht mehr aktuell und niemand würde sie noch sing’.
Sie wären nur ein Zeugnis einer längst vergessenen Welt und keine Zeile würde heut noch stimmen.
Ich hätte lieber Unrecht.“ - SLIME – „Unsere Lieder“
Wie wahr. Uns auch.