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Tua und “Eden”: Wenn die Wolken aufbrechen.

Tua ist angekommen. Zumindest deutet das der Titel seines neuen Solo-Albums an. Und tatsächlich fühlt sich “Eden” an, als wäre in Tua ein Knoten geplatzt, der sich in einer Explosion aus Palmen und Leinenhosen entleert.

Melancholie ist im deutschen Rap mittlerweile mehr als angekommen. Paula Hartmann, Schmyt, oder Elif widmen sich in ihrer Musik menschlichen Abgründen, Kummer, Ängsten und der eigenen Toxizität. Ein Künstler, der wie kaum jemand für diese Traurigkeit steht, ist Tua. Immer schwarz-weiß, immer am Rande der eigenen Selbstzerstörung changierend, nahm uns der Stuttgarter Rapper mit in die dunkelsten Ecken seines in Graustufen ausgeleuchteten Lebens. Nun, fünf Jahre nach seinem selbstbetitelten Album, erscheint “Eden”. Und mit ihm erstmals buntes Coverartwork und Lines, die man aus Tuas Feder bisher selten gehört hat: “Genau so, wie’s gerade is, is’ gut”. “Alles is cool, die dürren Jahre vorbei”. Ist Tua jetzt also zum gut gelaunten Dolce-Vita-Rapper mutiert?

Die klare Antwort auf diese Frage lautet: Nein. Denn eine ästhetische Kehrtwende hin zur sorglosen Party-Hymne wäre genauso eine Verklärung der Realität, wie es Kopf-an-der-Fensterscheibe-Gedanken-in-der-Abwärtspirale-Songs auf “Grau” oder “Narziss” ein Stück weit waren. Das schmälert diese Alben in keiner Weise, trotzdem ist es aber wichtig zu erkennen, dass die Welt eben nicht immer nur 1 oder 0 ist. Bei “Eden” bekommt man den Eindruck, Tua wolle hier seine Gefühlswelt möglichst ausbalanciert zu Papier bringen. Der mittlerweile 38-Jährige scheint angekommen im Echten Leben, und das beinhaltet neben Tod, Verlust, Sex und Drogen eben auch weniger extreme Zustände, wie Tua selbst sagt: “Das echte Leben wechselt Windeln, hat Scheiße an der Hand.”

Die Traurigkeit ist deshalb aber keineswegs verschwunden aus Tuas Musik. Sie ist nur eben nicht mehr alleiniger Gegenstand der Musik, sondern mehr eine Konstante im Subtext von “Eden”. Zwar kann man hinter Songs wie “Mehr sein” mit Nura oder “1in1Million” einen mit seiner eigenen Psyche ringenden Künstler vermuten, dieser Kampf wird aber nicht zur Schau gestellt. Insofern ist das Album auch ein Befreiungsschlag für Tua selbst, denn es zeigt, dass Kunst eben nicht immer nur aus den dunkelsten Orten kommen muss. Manchmal ist das Leben auch gerade einfach in Ordnung, und jemand wie Tua kann eben auch aus dieser erstmal banal wirkenden Situation Kunst erschaffen.

Fazit

7.8
Wertung

Tua räumt auf mit der ewigen Mer vom gebrochenen Künstler, und allein dafür kann und sollte man “Eden” schon schätzen. Dass dabei dann auch noch zwölf so großartige Songs rumgekommen sind, ist die Kirsche auf der Torte.

Kai Weingärtner