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Terror und „Total Retaliation“: Handkantenschlag auf den Kehlkopf des missratenen Zeitgeistes

Der Name ist Programm: Sänger Scott Vogel schreit gegen den Sturm für Vergeltung und Widerstand gegen die Zerrüttung der menschlichen Werte in der Gesellschaft.
Terror Total Retalitation Cover

Bereits mit ihrem zweiten Studioalbum krachten Terror gewaltig in die US-Hardcore Szene. 14 Jahre später dominieren sie das Genre immer noch wie kaum eine andere Band. Ihren Namen haben sie sich gemacht, doch darauf ruht sich die Fünf-Mann-Kombo keineswegs aus. „Total Retaliation“ ist eine direkte Kampfansage gegen quasi alles, was grade schiefläuft. Sänger Scott zieht klare Linien zwischen Freund und Feind und agiert rigoros, wenn Grenzen überschritten werden.

Im Opener „This World Never Wanted Me“ dankt Scott Vogel dafür, dass diese Welt ihn nie gewollt hat. Die Welt, wie sie derzeit ist, scheint ihn gewaltig anzukotzen. Die Gründe dafür sind zahlreich. Hardcore und insbesondere dessen Old-School-Variante sind für klare Worte bekannt. Terror schaffen es auch auf „Total Retaliation“ nicht nur Phrasen zu dreschen, sondern pointiert den Finger in aktuelle Wunden zu stecken, zu drehen und so lange zu bohren, bis wirklich jedem klar ist, dass hier etwas falsch läuft.

Gleichzeitig erweckt die Platte aber auch einen sehr pessimistischen Eindruck, was das Verändern der beschrienen Missstände angeht. Der Closer „Resistant To The Change“ bringt diesen Pessimismus über den Unwillen oder gar die Unfähigkeit zur Veränderung auf den Punkt und beleuchtet, wieso die zwölf Songs vorher einen recht undiplomatischen Eindruck machen. Man möchte glatt meinen, da sei jemand auf Krawall gebürstet und der Meinung, radikaler Widerstand sei der letzte beziehungsweise der einzige verbleibende Ausweg aus der Abwärtsspirale.

Und wie quasi immer schaffen es Terror ein Album zu präsentieren, welches aus der Masse an Hardcore-Platten herausragt. Dazu trägt das Gitarrensolo in „In Spite Of These Times“ wie man es im Hardcore eher weniger gewöhnt ist gewiss einen Teil bei.
Ein anderer Peak ist definitiv das Post-Armageddon-Interlude mit mächtig Rapflair, bevor „Spirit Of Sacrifice“ mit beinahe melodischen Elementen eine knapp halbstündige Reise zur totalen Vergeltung fortsetzt. Insgesamt ist „Total Retaliation“ ein überdurchschnittliches Hardcore-Album. Es ist für Hardcore vergleichsweise raffiniert und vielseitig komponiert und hervorragend produziert.


 

Fazit

7.9
Wertung

In meiner Top 5 des Jahres landet „Total Retaliation“ wohl nicht, aber wem diese Musikrichtung nicht auf's Gemüt schlägt, sollte sich das Album definitiv auf der nächsten Zug- oder Busfahrt reinziehen.

Merten Mederacke