Reviews

King Krule und “Space Heavy”: UK Grim

Der Londoner Sänger und Songwriter Archy Marshall meldet sich drei Jahre nach seinem letzten Studioalbum “Man Alive!” zurück. Mit “Space Heavy” versucht er nun, die graublaue Ästhetik der UK-Indieszene noch authentischer zu vertonen.

King Krule vereint in seiner Musik viele Trademarks, die aus der britischen Indie- und (Post-)Punkszene längst nicht mehr wegzudenken sind. Dumpfe, manchmal hektische Drums, teils jazzige Gitarrenläufe und charakteristisch monotone Vocals. Triste Melancholie á la Black Country, New Road, nur ohne die Epik. Eine bittere Trostlosigkeit, die sich ganz ähnlich auch in den Liedern von Sleaford Mods wiederfindet, nur eben ohne die knackig-wütende Delivery eines Jason Williamson. Fehlt es King Krule also an etwas? Keineswegs, denn Marshall schafft es auch auf “Space Heavy” wieder, mit seinen trockenen Lyrics und der deprimierten Instrumentierung einen nach innen gerichteten Fokus, fast schon Sog, zu entwickeln. Zugegeben, diese Platte ist an keiner Stelle besonders catchy oder zugänglich. Es finden sich keine offensichtlichen Hit-Singles oder Hooklines, an denen man sich festklammern kann. Stattdessen lädt King Krule seine Hörer*innen ein, sich in “Space Heavy” und seiner Melancholie fallen zu lassen.

Schwermütige Saxophon-Passagen hüllen das Album an mehreren Stellen immer wieder in einen dicken Teppich, der einem förmlich die Luftzufuhr abdrückt. Schon der Opener “Flimsier” setzt den Ton für die folgenden Tracks auf “Space Heavy”. Taumelnd zwischen launisch und üppig wankt sich King Krule hier durch die Zeilen. Bevor es gegen Ende der Platte mit Songs wie “When Vanishing” oder “Wednesday Overcast” noch einmal ganz tief in die verstimmte Gefühlswelt von Marshall hinabgeht, offenbart sich “Seaforth” auf Anspielstation Nummer drei als kleiner Lichtblick in einem ansonsten tieftraurigen Album.

Fazit

7.7
Wertung

“Space Heavy” ist schon ein ziemlicher Brocken. Eigenwillig und vertrackt werkeln die 15 Songs vor sich hin, scheinbar völlig ohne Rücksicht auf mögliche Zuhörende. Wenn man aber erstmal über diese Einstiegshürde gestiegen ist, wird man mit einer ungemein intimen, unmittelbaren Albumerfahrung belohnt, in der Archy Marshalls Gefühlswelt so ungefiltert überliefert wird wie bisher auf keinem King-Krule-Album.

Kai Weingärtner