Good Riddance und „Thoughts And Prayers“: 90er-Skatepunk neu aufgelegt

Wenn eine Band seit über 30 Jahren die gleiche Musik spielt, klingt das erst einmal nach trostloser Monotonie. Good Riddance beweisen, dass man dem eigenen Sound treubleiben kann, ohne jahrzehntealten Staub anzusetzen.
Good Riddance Thoughts And Prayers Cover

Genaugenommen gründete sich die kalifornische Punkband schon 1986, doch ihr Debüt folgte erst neun Jahre später auf Fat Wreck Records. Seit 1995 sind Good Riddance somit würdige Label-Vertreter und beschallen ihre Fans mit unverwechselbarem Skatepunk.

Lauscht man nun dem zweiten Studioalbum nach der gefeierten Reunion in 2012, ist man höchstens vom Wiedererkennungswert der Band überrascht. Die ganz harten Zeiten, in denen sich ihre Songs durch zahlreiche Hardcore-Elementen ausgezeichnet haben, scheinen zwar vergangen, doch ihren Westcoast-Punk-Sound haben sie damals konserviert und sich bis heute bewahrt. So wird man beim Hören des aktuellen Albums unweigerlich in die Sommer der späten 90er zurückversetzt, in denen mindestens jede und jeder Zweite von uns mehr oder weniger erfolgreich versucht hat, skaten zu lernen.

Die Musik von Good Riddance lässt sich mittlerweile am ehesten mit dem Etikett „Pop-Punk“ beschreiben, jedoch im positiven Sinne. In erster Linie ist es Russ Rankins Stimme, die nicht mehr so rau und wild klingt, sondern nun eher an den melodischen Gesang von Lagwagon oder Good Charlotte erinnert. Beschäftigt man sich mit den Lyrics der Kalifornier wird schnell klar, dass sie auch in ihrer Themenauswahl keinen Kurswechsel vorgenommen haben. Rankin besingt mit klarer politischer Meinung die gesellschaftlichen Missstände, die immer größer werdende Schere zwischen Arm und Reich, verschwundene Werte wie Toleranz und Menschlichkeit sowie die gefährdete Demokratie und träumt dabei von einer Milliarde Herzen, in der Revolution verwoben.

Auch musikalisch wird man tatsächlich nicht mehr überrascht. Die Songs sind energiegeladen und schnell, die Drums preschen druckvoll voraus, Gitarre und Bass reihen sich in gewohnter Punk-Rock-Manier ein und lassen so jedes Skatepunk-Herz höherschlagen.  Dass dieses Arrangement weder innovativ, noch sonderlich anspruchsvoll ist, schadet dem Hörgenuss keineswegs. Auch nachdem „Thoughts And Prayers“ in Dauerschleife läuft, stellen sich weder Langeweile noch Überdruss ein. Gerade Songs wie das vorab veröffentlichte „Don’t Have Time“ oder das etwas härter geratene „Our Great Divide“ entwickeln sich schnell zu eingängigen Dauerbrennern. Nachdem die Opener „Edmund Pettus Bridge“ und „Rapture“ noch zu den wilderen und aggressiveren Songs gehören, verliert das Album zwischenzeitlich etwas an Biss. Die eher düster anmutenden „No King But Caesar“ und „Woh We Are“ beginnen vielversprechend anders, münden jedoch in den altbewährten Sound und lediglich die teilweise spanischen Titel am Ende des Albums bieten dann etwas Neues. Wirklich befriedigend ist dieser Album-Abschluss allerdings nicht, gehört „Requisite Catastrophes“ doch eher zu den schwächeren Nummern der Platte, der es einfach an Durchschlagskraft fehlt.

Fazit

7.2
Wertung

„Thoughts And Prayers“ bietet druckvollen, schnellen Westcoast-Punk, der etwas an Härte verloren hat und stattdessen melodische Pop-Einflüsse vorweisen kann. Das beschert der Hörerschaft zwar keine Überraschungen, die haben Good Riddance allerdings auch gar nicht nötig, um für Begeisterung und das Aufleben nostalgischer Erinnerungen zu sorgen.

Sarah Ebert
6
Wertung

Mehr Pop-Punk denn Hardcore, politisch gehaltvoll und geradlinig ohne Kompromisse – „Thoughts and Prayers“ fügt sich dank 90er-Westcoast-Sound perfekt in die Sammlung alter Skate-Punk-Alben. Allein es dort wiederzufinden könnte zur Herausforderung werden; gibt es doch wenig Originelles, das die Platte von ihren geistigen Verwandten abhebt. Solide.

Felix ten Thoren