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The Gaslight Anthem und "History Books": Großer Name, großes Album

Man solle sich da nichts vormachen, die Erwartungen nach neun Jahren The Gaslight Anthem Pause sind von vornherein unhaltbar. Wenn man aber an seinem eigenen Erwartungsmanagement arbeitet bekommt man ein starkes Comeback mit einem Larger Than Life Featuregast.

TGA Fan zu sein war sehr hart in den letzten Jahren. Besonders, wenn man Brian Fallon in den sozialen Medien folgt. Immer und immer wieder Posts, die neue Musik ankündigen, dann waren es aber doch immer nur Solo-Alben, immerhin vier Stück in fünf Jahren. Keine Frage, tolle Alben, aber wenn man ehrlich ist, nicht das, worauf man gewartet hat. Dann doch ein Bandpost, aber es waren nur Jubiläumsshows zu „The '59 Sound“. Doch jetzt ist es eben doch soweit und „History Books“ kommt. Doch was haben The Gaslight Anthem noch zu sagen, sagte doch Brian Fallon einst, dass es keine Geschichten mehr gäbe, die die Band erzählen könne. Anscheinend hat sich ein bisschen was angestaut.

Themen wie Vergänglichkeit, mentale Gesundheit und natürlich auch Beziehungen finden ihren Weg auf das Album. Die große Frage, die über allem steht, lautet: Wie geht man mit all dem um, was wir in der Welt sehen und was uns im Leben widerfährt.

Um sich auszudrücken hat Brian Fallon Hilfe von seinem persönlichen Idol, wobei das Wort Idol nicht einmal ansatzweise einfangen kann, was Bruce Springsteen für Fallon darstellt. Und auch wenn es ein wenig an Lächerlichkeit grenzt so ist Springsteen nicht das große Feature-Highlight auf dem Album, denn ein altgedienter AdW-Liebling ist in „Little Fires“ zu Gast. Nämlich niemand geringeres als Stefan Babcock von PUP, der einen der härteren Songs der Platte fabelhaft abrundet.

Allgemein büßt „History Books“ ein wenig an Härte ein, lässt sich stilistisch vermutlich am ehesten als ruhigere Version von „Handwritten“ einordnen.

In eine ähnliche Kerbe schlägt auch „I live in the room above her“. Auch „Positive Charge“ geht in eine ähnliche Richtung und stellt etwas wahsinnig charmantes heraus, denn der Song ist kein bisschen überproduziert. Es scheppert ein wenig, quietscht immer wieder, einfach sehr roh. Eine Eigenschaft, die frühere Alben schnell zu Klassikern im Genre avancieren ließen.

Ein absolutes Hightlight stellt „Michigan, 1975“ dar. Angelehnt an den Jeffrey Eugenides Roman „The Virgin Suicides“ fesselt dieses Stück einen mit sehr oldschool daher kommendem Storytelling. Aber besonders auffällig sind das langsame Tempo und der ungewohnt hohe Gesang, der Fallon immer wieder in die Kopfstimme führt.

„History Books“ ist vielseitig, es ist wiedermal anders und gibt einem melancholisches Futter, für die dunkler werdende Jahreszeit. Ein fröhliches Punkalbum nehmen wir dann für nächstes Jahr. Insgesamt finden wir hier ein kleines Potpourri dessen, was wir in den nächsten Jahren von The Gaslight Anthem erwarten können. Aber im besonderen finden wir hier den Beweis, dass „Triff deinen Helden“ auch sehr gut laufen kann, aber wir sehen auch neun Beweise, dass es auch ohne fantastisch gehen kann.

Fazit

7.5
Wertung

Wer ein neues "'The '59 Sound" erwartet hat, ist hier einfach falsch. Wer sich aber einfach auf das Album einlässt, der wird einfach nur gut unterhalten. Brian Fallon mit seinem Idol Bruce Springsteen alleine macht dieses Album unverzichtbar für diese Welt, aber der Sound geht einfach wiedermal einen anderen, aber absolut wundervollen weg.

Moritz Zelkowicz