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Emmerich und „Life Sucks“: Blink One Eighty-Who?

Emmerich bringt nach den beiden "Ufo Emo" EPs endlich sein Debüt "Life Sucks" heraus und was sich erst nach einer Liebeserklärung an Blink 182 in den frühen Zweitausendern anhört, ist am Ende der Scheibe etwas Eigenes, Selbstständiges der ganz großen Art.

Moritz Hammrich, bekannt als Gitarrist der Blackout Problems, bringt endlich das Langspieldebüt seines Soloprojektes Emmerich heraus. Die Scheibe hört auf den Namen „Life Sucks“ und könnte sich kaum mehr von dem Sound der BoPros abheben. Sowohl vom lyrischen als auch der Musik liegt hier ein Pop-Punk Album der älteren Tage vor uns und eigentlich können Blink-182 ihr neues Album mit altem Sound jetzt wieder mitnehmen, denn Emmerich legt mehr als gut vor.

Schon „Plastic Punk“ zeigt eindrucksvoll, dass Emmerich weiß, was er tut und tun will. Schneller, rauer Beginn, Kritik über sich selbst und keine Atempause zwischendrin. Danach mit „Let Go“ Riffs und Gesang, welche einen schwupps in 2001 zurückkicken und auch bis zum Ende dort behalten. Diese Rhythmen, der Grundton und auch das Gefühl ist so bekannt und doch so neu, denn im Gegensatz zu den Pop-Punk Hymnen von früher klingt das ganze erwachsener und runder, sowohl von den Themen, welche sich weniger mit der kruden und unbeantworteten Teenagerliebe als mit zwischenmenschlichen Beziehungen und Ähnlichem beschäftigen. Ihr wisst schon, Themen, die vor Beziehungen eher weniger Relevanz haben. Nebenbei schafft Emmerich es dann schnell mal die Tränendrüse ordentlich in Bedrängnis zu nehmen, denn neben Songs wie „Sun, Moon, Stars“ befinden sich genug andere balladenähnliche Stücke auf dem Album, vor allem aber der Song „Mama Papa“, welcher zu Teilen in deutscher Sprache gesungen wird, trifft herzzerreißend genau. Textlich soll hier nichts vorweggenommen werden, aber diverse Lyrics auf dem Album hätten auch von Autor John Green stammen können. Mit solchen Songs auch diesen, welche sich immer wieder in sich selbst verändern, schafft Moritz ein eindringliches Epos aus ruhig, schnell, rau, unsanft und emotional.

Das Ganze vereint sich dann im letzten Song „Life Sucks“, bei welchem es sich nahezu komplett um eine Art Fusion der vorangegangenen Songs handelt. Textzeilen aus den anderen neun Liedern finden hier Platz und auf einmal wirft man einen anderen Blick auf dieses Album, denn es zeigt die Gedankenwelt einer Person in Gänze auf. Alle Probleme mit sich selbst, Menschen, die man liebt und geliebt hat und Ähnlichem. Es sagt aber auch, dass das Leben eben so ist, also oft scheiße, man aber weitermachen soll. „Life won‘t tell you when it‘s over. I don‘t wanna live fast, I don‘t wanna die young“. Einer der wohl krassesten und besten Closer der letzten Jahre.

„I once wrote a song with my band, about that Pop-Punk is over. This is a lie […].“ So beginnt der erste Song des Albums „Plastic Punk“ und passender könnte dieses Album kaum beschrieben werden. Denn Emmerich zeigt eindrucksvoll, dass in diesem Genre noch mehr drinsteckt als nur der tief-melancholische Einheitsbrei, welcher jedes Jahr von sämtlichen Pop-Punk Bands in die Regale gerotzt wird und trotzdem immer wieder gut klingt. Emmerich aber nimmt sich die Grundformel, einige bekannte Riffs und zimmert eigene Elemente rein, bricht die Muster auf und kreiert somit das frischeste Pop-Punk Album seit, na ja, ich hab ehrlich gesagt keine Ahnung seit wann, denn es ist lange her, dass ein Pop-Punk Album wirklich frisch klang. „Life Sucks“ zeigt mit Songs wie „Time Capsule“ oder „Left of Us“ wie schnell und energetisch, mit „Lust for Life“ und „Dammit“ wie dynamisch oder „Mama Papa“, wie traurig und ruhig dieses Genre sein kann. „Life Sucks“ ist das wohl wichtigste Pop-Punk Album des Jahres, denn es zeigt all den großen Bands, die immer wieder das gleiche (gut) machen, dass es auch anders geht, wenn man denn nur will.

Fazit

9
Wertung

Immer wieder gibt es so Alben, welche mich stark beeindrucken, egal ob in ihrem Aufbau, der eigenen Verschiedenheit im Album selbst oder auch dem allgemein eigenen Sound. Dieses Album hat alles davon. Auch wenn sich Emmerich hier ganz klar an bereits mannigfaltig bekannten Riffs und Rhythmen bedient, schaffen er seinen eigenen Sound und gibt dem ganzen einen anderen Anstrich. Weg mit den Teenagerproblemen, her mit denen eines Erwachsenen. Songs wie „Left of Us“, „Mama Papa“ oder dem Konvolut aus allem „Life Sucks“ sind der helle Wahnsinn und lassen mich atemstockend zurück, weil sie irgendwo sehr hart und ehrlich treffen. „Life Sucks“ ist großartig und lässt Pop-Punk in neuem Licht erstrahlen. Ich hab übrigens gezählt, ich hab während des knapp fünfmal Hörens des Albums ganze dreimal geheult. Chapeau!

Dave Mante
6.9
Wertung

Emmerich - ein sehr viel versprechender Künstler und ein erstklassiges Pop-Punk-Album. Die Hörer*in erwarten 10 Songs, die voller Emotionen stecken und einen tiefen Einblick in das Leben des Künstlers und dessen Gefühlswelt zulassen. Alternative Rock, Hardcore und Pop-Punk treffen aufeinander und mischen sich zu Musik, die zum tanzen, mitsingen und mitfühlen einlud. Eingängige Gitarrenriffs und Drums voll auf die zwölf. Ein eher düsteres, nachdenkliches Werk, welches aber trotzdem echt Spaß macht zu hören.

Lena-Marie Buchner