Reviews

Donots und "Heut ist ein guter Tag": Die sind längst noch nicht vorbei!

Genug der Singles, Ankündigungen und Teaser! Es ist höchste Zeit für das Ende einer fünf Jahre andauernden Durststrecke ohne Studioalbum der Donots. "Heut ist ein guter Tag" wurde mit starken Vorboten schmackhaft gemacht, um dann in Summe noch einmal einen draufzulegen.

Es war das Jahr 2018, als mit "Lauter als Bomben" nicht nur das zweite Album nach dem Wechsel ins Deutsche, sondern auch das bis hierhin letzte Studioalbum der Donots erschienen ist. Was auf dem Papier "nur" fünf Jahre sind, fühlt sich in der Realität an wie eine längst vergangene Zeit. Denkt man darüber nach, was vor allem in der jüngeren Vergangenheit auf diesem Planeten alles ab- und schiefgegangen ist, wirkt "Heut ist ein guter Tag" als Albumtitel in der sonst so kritischen Punkrockszene fast schon überraschend positiv besetzt. Und doch trifft der Name den berühmten Nagel auf den Kopf, denn der Erscheinungstag des neuen Albums der Donots wird nicht nur in Fankreisen wie ein Feiertag herbeigesehnt, an dem Geburtstag, Weihnachten und Ostern zusammenfallen. Oder auch nur schulfrei haben beziehungsweise nicht zur Arbeit gehen müssen. Das reicht den meisten Leuten ja auch.

Das Heranführen der Hörenden an dieses Werk ist dabei die erste interessante Beobachtung. Bei Band XY läuft das meistens ja so: Es wird sich lange der Kopf zerbrochen welche Titel wohl die eingängigsten sind oder subjektiv als beste empfunden werden, um diese dann als groß angepriesene Singles in die Welt zu schicken. Leider findet sich dann nicht selten ein Gefälle zum Rest des Albums vor, welches in der Folge nicht mehr auf voller Linie das Niveau der so wahnsinnig guten Singles halten kann. Diese Entscheidung muss bei den Donots um ein vielfaches schwerer gewesen sein, denn die vorab erschienenen Nummern "Augen sehen", "Hey Ralph", "Auf sie mit Gebrüll" und "Hunde los" sind nicht nur ein hervorragender Querschnitt durch das gesamte Album, sondern auch keineswegs stärker als die 10 anderen Songs plus Intro (welches den Gästen des vergangenen Grand Münster Slams bereits bekannt vorkommen wird). Die Stärke dieses Albums: Diese vorab ausgewählten Titel können gar nicht stärker oder schwächer sein als andere. Die Schwächen sucht man schlicht vergebens.

Vor genau 30 Jahren setzten sich die Gebrüder Knollmann das erste Mal zusammen, um die Donots auf den Weg zu bringen. Seit 1996 agiert die Band in der aktuellen Besetzung. Dass das alles nicht nur eine Phase ist, vermittelt "Solange wir uns haben" ("Sollen Sie doch denken das wäre alles nur eine Phase!"). Wie viele der im Text besungenen "alten Bandshirts" aus der damaligen Zeit die Jungs wohl heute noch "wie Rüstungen tragen"? Das Konzept von "Heut ist ein guter Tag" ist das bewährte, dieses Album klingt einfach wie man es sich vom neuen Stoff der Donots wünscht. Und doch vermittelt die Platte deutlich mehr Energie als manche ihrer Vorgänger. Wer die Donots bereits auf der Bühne erlebt hat, kennt den Funken, den diese Truppe auf ihr Publikum überspringen lassen kann. Das Publikum dreht dann wiederum meist total am Rad, eröffnet Pit um Pit und macht aus einem Konzertbesuch ein Workout. Es ist diese Energie, die endlich auch auf einem Album kompensiert wird und zwischen wohlverdienten Pausen zum Durchatmen entladen wird.

Die Eskalation vor den Bühnen dieser Welt ist also vorprogrammiert. Es werden dabei vor allem die schnellen Nummern sein wie "Auf sie mit Gebrüll", welche ebenfalls im November 2022 in Münster bereits "ausprobiert" und für gut befunden wurde, oder auch "Es tut nur weh, wenn ich lache", den Guido in seiner gewohnt rotzigen Art in nur zwei Minuten Länge und irrem Tempo dominiert. Das Gesamtbild auf "Heut ist ein guter Tag" entspricht dem was man kennt: Die Symbiose zwischen Ingos verständlichem und doch manchmal lautem Gesang, dem beziffterten und eher rauen Guido, der sich aufs Brüllen fokussiert und einer gesunden Mischung aus ruhigeren und wilderen Momenten. Natürlich heißt ruhig hier nicht, dass die Donots softe Balladen auf ihrem neuen Album platzieren, sondern lediglich mal einen Gang zurück fahren und zum Beispiel in "9 Leben" oder "Traurige Roboter" Momente zum Luft holen platzieren. Da "Heut ist ein guter Tag" natürlich nicht nur über Positives, sondern auch ein großes ABER verfügt, gibt es die Titel "Kometen" und "Radikale Passivisten", die Kritik am Verhalten unserer Spezies und dem Einnehmen dieses Planeten äußern, sowie zur ironischen, klaren Kante gegen Ausreden ansetzen. Ausreden, warum zum Beispiel das Fehlen wetterfester Kleidung oder die ausgefallene Bahn mal wieder die Teilnahme an wichtigen Aktionen und Momenten für die eine Veränderung der Welt verhindert haben.

DAS Phänomen jedoch ist "Apokalypse Stehplatz Innenraum". Ein Titel, der den heftigsten Haudraufsong verspricht, dann ganz anders und minimalistischer vonstattengeht und einige Anläufe braucht, um sich zu entfalten. Nach diesen Anläufen wird sich auch dieser Song hoffentich im Liveprogramm der Donots etablieren. "Heut ist ein guter Tag" endet nach etwa 42 Minuten versöhnlich. "Hey Ralph" und "Einfach irgendwo" sprechen uns allen Mut zu. Sie reichen uns die Hand und sagen "es kann nur besser werden". Damit wir irgendwann auch in vielen anderen Bereichen wieder sagen können "Heut ist ein guter Tag!".

 

Fazit

8.9
Wertung

Ein Album für eine ordentliche Soundanlage, die den Spaß an all den Facetten der Donots nochmal steigert. Im direkten Vergleich zu meinem ersten Konzert der Donots im vergangenen November bringt "Heut ist ein guter Tag" dieses besondere Gefühl zurück und macht auch nach so vielen Jahren die Kraft und Kreativität spürbar, die in diesen Musikern ruht. Die Donots haben den Sprung raus aus dem Pool der "kleinen" Punkrockbands schon vor vielen Jahren geschafft. Es wird Zeit, aus dem Zwischenbecken "Supportslot für die ganz großen" die Ablöse dieser anzupeilen. Vielleicht jetzt schon mein Album des Jahres.

Mark Schneider