Books from Boxes - Aus Moritz' Bücherkiste

So! Jetzt machen wir mal den Plattenspieler aus, fahren den PC runter, machen den Fernseher und das Tablet aus, schalten die Stereoanlage ab, legen Kopfhörer und Handy weg. Stattdessen nehmen wir die Lesebrille zur Hand, denn hier sind ein paar Buchempfehlungen rund um die Musik:
Bücher

Frank Goosen mit „So viel Zeit“

Man muss wissen, dass Frank Goosen zwei Themen hat, die ihn ganz besonders umtreiben. Das eine ist Fußball, das andere Musik. Dem ersten hat er ganze Bühnenprogramme gewidmet und als Aufsichtsrat des VfL Bochum auch viel Blut, Schweiß und Tränen. Dem zweiten widmete er zuletzt ein ganzes Buch. Um die Beatles ging es, jedoch soll das gar nicht das Thema dieses Absatzes sein. „So viel Zeit“ ist eine Coming Of Age-Geschichte, doch so gar nicht, wie man sie gemeinhin kennt. Die Geschichte handelt vordergründig von einer Gruppe Männern und nicht von Jugendlichen. Alle sind im mittleren, gehobenen Alter. Konni, Rainer, Bulle und Thomas. Dicke Kumpels als Kinder in der Schule, heute Freunde, die gelegentlich Doppelkopf spielen, sich aber immer mehr von den jeweils anderen entfernen. Jeder lebt sein Leben, die einen mit harten Schicksalsschlägen wie Krankheit oder Tod, die anderen mit Affären oder großen Jobs. Doch eins hat sie früher geeint und das soll sie ganz plötzlich wieder vereinen: der Traum der eigenen Rockband. Dabei fehlt noch jemand. Ihr alter Freund Ole hat nach ihrem Abschluss und einer verhängnisvollen Nacht die Stadt verlassen und ist ins Exil nach Berlin gezogen. Doch sie wollen und müssen ihn dabei haben, um sich das Ziel eines Gigs beim 25-jährigen Klassentreffen erfüllen zu können.

Im allgemeinen sind die Romane von Frank Goosen immer zu empfehlen. Seine Leidenschaft zur Musik lässt sich in nahezu jedem seiner Bücher wiederfinden. Da wäre noch „Raketenmänner“, in dem viel über die Magie der Musik gesprochen wird, „Pink Moon“ ist benannt nach dem Album von Nick Drake und der rote Faden des Buches. Goosen schafft es einfach immer und immer wieder, seine Leidenschaften in seinen Werken unterzubringen und das schafft er wie kaum ein anderer Musiker.

Joel McIver mit „Justice For All – Die Wahrheit über Metallica“

Ernsthaft? Eine Biografie über Metallica? Ja verdammt! Und es ist vollkommen egal, wie man zu Metallica steht, Joel McIver zieht noch jeden in seinen Bann. Man braucht auch nicht zu meinen, McIver wäre hier in irgendeiner Form parteiisch, keinesfalls. „And Justice For All“ ist nur eine von vielen Band- oder Künstlerbiografien, die er geschrieben hat, doch es ist eine der besten und intensivsten. Von der Gründung ab beschreibt er das Bandleben, malt ein Sittengemälde von mehreren Jahrzehnten Rockgeschichte. Er erzeugt richtiggehende Stillleben einer Band, die sich mit Alkohol beinahe ins Grab gebracht hat. Und eines stellt sich immer wieder heraus: Schlagzeuger Lars Ulrich ist absolut kein guter Typ. Hier wird alles schnörkellos beleuchtet: die Hochphasen, die Niederschläge, die Tiefpunkte. Man kann auch den Namen Metallica einfach durch einen anderen Namen ersetzen, wenn man mit ihnen nichts anfangen kann. Was aber sicher bleibt ist ein absolut lesenswerter Bericht. Ob man Metallica mag oder nicht, das Buch sucht auf dem Markt der Biografien seinesgleichen.

John Niven mit „Kill Your Friends“ & „Kill 'em All“

„Gott bewahre“ mag vielleicht sein bestes Buch sein, allerdings kommen diese beiden ganz knapp dahinter. Wir gehen zurück ins Ende der 90er, den Höhepunkt der Britpop-Welle. Steven Stelfox ist A&R Manager bei einem großen Lable und lebt sein Leben auf der Überholspur, ohne diese je betreten zu haben. Auf der Suche nach dem nächsten großen Hit, dem nächsten großen Talent, der fetten Kohle und natürlich einer Unmenge Sex, unfassbar vielen Drugs und dem dazugehörigen Rock 'n' Roll, verliert er immer mehr die Kontrolle über seinen Job und sein Leben. Dabei zieht er einige mit runter und ist bereit, alles zu tun, um sich da wieder rauszubringen. Wirklich alles.

Damit ist der Plot des ersten Buches „Kill your Friends“ ganz gut zusammengefasst, ohne zu viel zu verraten. Doch viele Übriggebliebene aus dieser Zeit schätzen dieses Buch, auch wegen seiner Authentizität. Das Buch ist derb. Brutal, blutig, stellenweise auch ekelhaft und verstörend, doch es hält den Zeitgeist des Business' in dieser Zeit angeblich gut fest.

Das zweite Buch „Kill 'em all“ springt in die heutige Zeit. Stelfox ist inzwischen kein A&R Manager mehr, sondern lässt sich auf Honorarbasis engagieren, wenn es „Probleme“ gibt. Und die gibt es! Der ehemalige Mega-Pop-Star Lucius Du Pre ist inzwischen nicht mehr als ein pädophiler Junkie, der auf seinem riesigen Anwesen nichts macht außer Kinderserien zu schauen, sich Drogen verabreichen zu lassen und eben seiner kranken Neigung nachgehen. Gleichzeitig ist er einerseits pleite und wird andererseits von Eltern erpresst, die das ihrem Kind widerfahrene Leid ausnutzen wollen. So wird Steven Stelfox eingeschaltet, dem absolut kein Mittel zu hart ist.

Die Parallelen zur Realität sind in diesem Buch besonders hat und dass mit Lucius Du Pre auf Michael Jackson angespielt wird, ist beinahe lächerlich offensichtlich. Das Anwesen heißt dort nur nicht „Neverland“, sondern „Narnia“. Dennoch ist das Buch eine sehr drastische und beängstigende „Was-wäre-wenn“-Vorstellung und vermutlich gäbe es niemand Genialeren als John Niven, der das umsetzen könnte und sich diesem unglaublich heiklen Thema nähern könnte. Beide Bücher sind an Spannung schwer zu toppen.

Fun Fact: Von „Kill your friends“ gibt es eine Hörbuchversion, die von Bela B. Gelesen wird.

Thees Uhlmann mit "Sophia, der Tod und Ich"

Zugegeben, der einzige wirklich Musikbezug ist der Autor. Jedoch ist dieses Buch einfach wundervoll.

Der Erzähler bekommt Besuch vom Tod. Denn er ist gerade gestorben, einfach so, aus heiterem Himmel. Es entsteht erstmal eine Unterhaltung, bevor der Tod den Erzähler mitnehmen kann. Ein großer Fehler. Denn der Erzähler bekommt Besuch von seiner Ex-Freundin, da sie noch einen unangenehmen gemeinsamen Termin haben. Also machen sie sich auf den Weg und der Tod kommt mit.

Viel mehr sollte man zur Handlung nicht verraten. Es reicht zu wissen, dass Thees Uhlmanns Art zu Schreiben auf Platte ein Traum ist, sich auf gedruckten Seiten aber nochmal ganz anders anfühlt. Thees beschreibt nicht mit feinziselierten Worten was passiert, wie die Personen sich fühlen, er sagt einfach wie es ist, frei Schnauze. Dieser schnörkellose Stil ist so erfrischend anders und gibt den handelnden Personen eine Tiefe, die man selten wiederfindet. Dabei ist es ganz einfach. Mit dem, was die Personen denken und sagen, erfährt man viel mehr über sie, als wenn man ihr tiefgründiges Gedankenspiel wortreich umschreibt. Thees Uhlmanns Schreibstil ist einfach anders, erfrischend anders.

Thees Uhlmann mit „Die Toten Hosen“

Und ja, jetzt wird es sehr parteiisch. Denn die Liebe von Thees Uhlmann zu den Hosen ist auch sehr stark. Und meine Güte, es ist einfach zu schön. Das sollte das Ziel eines jeden Menschen sein: Finde eine Person, die so über dich redet, wie Thees Uhlmann über die Toten Hosen redet. Er erzählt Anekdoten, die ihm selbst passiert sind und welche, die andere ihm erzählt haben. Er erzählt über Freundschaft, ganz besondere Freundschaft, eine Freundschaft fürs Leben. Und man kann die Hosen hassen, ihre Musik scheiße finden, es wird sehr schwer sein, dem Charme seiner Erzählungen zu widerstehen. Nicht nur, dass man etwas über die Menschen hinter der Punkband erfährt, man erfährt ebenso viel über Thees, der sich wieder einmal mehr als die coole Sau präsentiert, die er nun mal ist. Und manchmal möchte man einfach was Schönes lesen. Oder?

Hannes Ringlstetter mit "Paris, New York, Alteiselfing"

Wieder eine Biografie, aber diesmal etwas ganz Anderes. Hannes Ringlstetter ist weniger für seine Musik bekannt als vielmehr für sein Kabarett. Und doch wollte er als Musiker ganz hoch hinaus. Das Buch beschreibt seine Anfänge mit der Musik, von der Kindheit ab, seinen Weg auf die Bühne und seine Ochsentouren mit der Band durch das bayrische Hinterland. Seine Art und Weise Geschichten zu erzählen ist nicht nur urkomisch, sondern auch ungemein charmant. Und hier sei einem ganz besonders das Hörbuch ans Herz gelegt, welches zusammen mit Christian Tramitz eingesprochen wurde.