August Burns Red und "Guardians": Auf die Fresse, aber nicht stumpf

„Auf die Fresse“ trifft das Album vermutlich ganz gut – aber während diese Bezeichnung oft mit röhrenden Gitarrensounds und immer den gleichen schnellen Beats einhergeht und stumpfe Aggressionen musikalisch verpackt, ist die neue Platte von August Burns Red überhaupt nicht „stumpf“.

„Guardians“ ist das neunte Studioalbum der amerikanischen Metalcore-Band August Burns Red. Diese hatte in der Vergangenheit bereits bewiesen, dass sie abwechslungsreichen Metalcore beherrscht und auch die neue Platte zeigt das auf knapp 50 Minuten wieder einmal.

Die elf Tracks bilden durch sehr ähnlichen Sound eine Einheit und sind doch sehr unterschiedlich. Einheit deswegen, weil überall schnelle Bassdrums, prägnante Gitarren und – ganz typisch Metalcore – die Shouts präsentiert werden. Und dennoch sind sich die Songs in ihren Details nicht ähnlich. Gerade die Gitarrenparts glänzen durch sehr durchdachte Soli und Riffs, zu nennen wäre hier vor allem „Bloodletter“, die Einstiege und Enden der Songs sind mal ausfadend und mal ganz klar kantig.

Besonders interessant ist die Verwendung von Cleangesang im Hintergrund als eine Art Ersatz für ein melodisches Instrument in manchen Songs- Sie sind nicht ansatzweise gleichberechtigt mit den prägnanten Shouts von Frontmann Jake, aber sie geben dem ganzen Sound eine neue Dimension und Tiefe, die man von Metalcore sonst eher nicht erwartet.

Eine Gleichberechtigung von melodischem Gesang und Shouts findet sich hingegen in „Lighthouse“, der Song startet sogar mit clean gesungenem Text, was sich auch im Lauf des Tracks wiederholt. Das macht „Lighthouse“ sicherlich zu einem der Mainstream-tauglicheren Songs des Albums, wenn auch die ganze Platte absolut nicht in die breite Masse gehören wird – was Metalcore aber zugegebenermaßen wahrscheinlich eh nie wird.

Textlich sind die Songs ebenfalls sehr variantenreich. „The Narrative“ setzt beispielsweise die Impulse in Richtung Positivität (im weitesten Sinn) und Motivation mit Zeilen wie „We will survive“ und, als wahnsinnig prägnante Textzeile, die die gesamte Aussage des Songs zusammenfasst: „We’re all dead in the end so live while you can“. Aber auch düstere Themen werden angesprochen, der Text von „Defender“ handelt von Wut, die in Empathie verpackt wird und wie ein Sturm über die ruhige See hinwegfegt.

Das Album endet wunderschön mit dem Ausfaden des letzten Songs „Three Fountains“ – wo ein clean gesungenes „in the end“ immer leiser wird und schließlich verstummt.

Fazit

7.9
Wertung

Auch wenn das ganze Album auf den ersten Blick nach eintönigem Metalcore klingt, überzeugt es durch viel Abwechslung in der genaueren Betrachtung. Die Gitarrenriffs und -soli sind ausgeklügelt, die Texte tiefgründig, die gekonnte Verwendung von Cleans als Instrumentenersatz im Hintergrund sowie die Kraft in den Songs machen diese Platte einfach zu einem rundum stimmigen Album, das definitiv mit der Konkurrenz mithalten kann.

Jannika Hoberg