Ähnlich erging es We Butter The Bread With Butter, die 2013 mit ihrem Album „Goldkinder“ den Versuch wagten, von einer Quatsch-Core-Kombo zu einer Band mit ernsthafterem Anspruch zu transferieren. Obwohl das Berliner Quartett dabei tatsächlich eines der interessanteren deutschsprachigen Werke des Genres schuf, wünschten sich die Fans eine Rückkehr zum Gaga-Sound von „Breekachu“. Ob dieses in der Öffentlichkeitswahrnehmung gescheiterte Projekt zum allmählichen Zerfall der Band führte, ist reine Spekulation, kann aber durchaus als möglich betrachtet werden. 2015 veröffentlichten die Berliner den Nachfolger zu „Goldkinder“, der bezeichnenderweise den Titel „Wieder geil!“ trägt und zurück zu größtenteils betont sinnlosen Lyric-Bangern geht. Danach wurde es lange still um die Band. Die später noch veröffentlichte Standalone-Single „Klicks. Likes. Fame. Geil.“ wirkt eher wie der uninspirierte Versuch, an alte Zeiten anzuknüpfen. We Butter The Bread With Butter brechen schließlich sogar fast kommentarlos mit einem Großteil der Bandbesetzung und spielen seit kurzem wieder als das ursprüngliche Duo, aus dem die Band vor etlichen Jahren mal hervorgegangen war. Die Nostalgiekeule wird dadurch perfekt, dass die Berliner auf ihren Konzerten noch viele alte Songs anspielen, die lange nicht mehr gehört waren – ein deutlicheres Zeichen für die Macht der Fans kann es kaum geben.
Die Beispiele lassen sich auch außerhalb des Core-Kosmos‘ fast beliebig weiterführen. Linkin Park sahen sich fast bei jedem Album radikalen Kommentar-Kriegen ausgesetzt, die selbst im Jahr 2017 noch stritten, ob man nicht zum Sound von „Hybrid Theory“ zurückkehren könne. Hundredth kehrten ihren Hardcore-Sound mit dem Album „Rare“ urplötzlich in glitzernden Shoegaze um und berichteten in einem Interview implizit, dass ihre vorigen Veröffentlichungen eher entgegen den eigenen klanglichen Geschmäckern und zugunsten einer besseren Absetzbarkeit entstanden waren. Und Tokio Hotel verrieten gewissermaßen ihre eigenen Ideale, als sie 2018 ihr erschreckend überteuertes Festival „Tokio Hotel Summercamp“ damit bewarben, dass es dort ein Konzert mit den ganz alten Songs aus ihrer Teenie-Zeit geben würde, denen die Band eigentlich längst den Rücken gekehrt hatte.
Diese Beispiele zeigen, wie beeindruckend synergetisch die Beziehung von Bands und Fans ist und welche toxischen Auswirkungen sie gleichzeitig haben kann. Wer die Anpassung von Musik dabei aber immer nur auf Marktinteressen zurückführt, der macht es sich zu einfach. Schließlich ist die Anerkennung des Publikums gerade bei kleinen Bands die größte Belohnung, die man bekommen kann. Deswegen wird immer die Frage im Raum stehen, wie weit man das Experiment treiben will und kann. Wer schlussendlich am längeren Hebel sitzt, ist sicherlich von Fall zu Fall unterschiedlich. Aber dass die Macht des Publikums nicht unterschätzt werden darf, steht fest. Und das ist gerade bei festgesteckten Erwartungshaltungen ein Problem, das man nicht kleinreden kann.