Interview

Zwischen Punkrock und Fußball: Bubba von den Lokalmatadoren im Interview

Fußball und Punkrock, das passt zusammen wie Bratwurst und Bier. Die Lokalmatadore aus Mülheim an der Ruhr haben einen Teil ihrer Musik dem Fußballverein Schalke 04 gewidmet. Im Interview spricht Bubba über die Entstehung von Leidenschaften, Träume einer Punkband und ja, auch über Fußball.

Die Lokalmatadore sind nicht nur eingefleischten Schalkern bestens bekannt. Ihre Musik läuft an einem Spieltag des Vereins mutmaßlich in hunderten Autos, Bussen und Wohnzimmern hoch und runter. Je später der Abend, desto lauter hört und grölt man in Fankreisen regelmäßig Lieder wie „Dat is Schalke 04“, „Schalke und der FCN“ oder „Wir sind Schalker (Ergänzung der Redaktion: „Keiner mag uns, scheißegal!)“. Bubba, bürgerlich Michel, ist Gründungsmitglied der Band und kam im Jahr 1959 zur Welt. Der FC Schalke 04 hatte im Jahr zuvor zum bis heute letzten Mal die Deutsche Fußballmeisterschaft gewonnen, noch bevor diese offiziell zur Bundesliga wurde. Es war die Zeit der letzten Schalker Meisterspieler, wie beispielsweise Berni Klodt, Manfred Kreuz oder Willi Koslowski, welcher in diesem Jahr seinen 84. Geburtstag feierte. Es dauerte nicht lange, bis auch Bubba in Kontakt mit den Königsblauen kam. „Ich wurde von meinen Eltern bei einem Besuch von Freunden in Dinslaken im Zimmer von deren Sohn Rolf „geparkt“. Rolf war dem Interieur nach identifizierbarer Schalke-Fan. Da war es um mich geschehen. Ab da war ich auch Schalker“. In den 70er-Jahren besuchte Bubba zum ersten Mal das Parkstadion in Gelsenkirchen. Die Erinnerungen daran sind heute noch genau präsent wie damals: „Das Spiel ging unentschieden aus, aber das war egal. Das ganze Drumherum hat mich sofort fasziniert! Ich habe dann lange eine Dauerkarte gehabt und bin seit 1990 Mitglied beim S04.“

Gleichzeitig fasst eine weitere Leidenschaft Fuß in Bubbas Leben. Bevor er in der Lage war zu lesen, kannte er die Plattencover seiner Eltern auswendig. „Ich war als Kind bereits an allem interessiert, was mit Musik zusammenhängt. Die Beatles waren dann schließlich schuld daran, dass ich Gitarre spielen lernen wollte und das auch tat.“ Während Bubbas Schulzeit spielte Glam-Rock die erste Geige in seinen musikalischen Vorlieben, ab 1977 verfiel der dem Punkrock. „Heute weiß ich, dass diese beiden Genres gar nicht allzu weit auseinanderliegen. Das wird auch bei der Musik unserer Band deutlich“. Für die Lokalmatadore gibt es einige Träume, die es zu verwirklichen gilt. Dazu gehören Dinge wie Fußball- und Weihnachtsplatten. Geschafft haben sie beides, neben vielen anderen Alben und Projekten. Besonders an den Lokalmatadoren ist die Konstellation, dass jeder jemals bei ihnen tätige Musiker ausnahmslos Schalker gewesen war, inklusive Ersatzleuten bei Krankheiten. „Das wussten wir vorher teilweise gar nicht, hat sich dann aber als sehr passend erwiesen“.

Die Songs, die sich mit den Oberthemen Fußball und Schalke 04 beschäftigen, behandeln den Verein an sich, aber auch die Fan-Freundschaft zum FC Nürnberg und immer wieder den Alltag eines Fans zwischen S-Bahn und Bierbude. Mit ihren Liedern traten die Lokalmatadore bei Saisonabschlussfeiern des Vereins auf dem Parkplatz des altehrwürdigen Parkstadions oder in der Emscher-Lippe-Halle auf. Teilweise sogar im Beisein der Mannschaft. Immer wieder spielen sie auf Feiern des Supporters Clubs oder der Initiative „S04 gegen Rechts“, sogar in der 2001 eröffneten Veltins-Arena. Mit ihren Auftritten verbindet Bubba einige besondere Erinnerungen: „In der Emscher-Lippe-Halle hat sich Ingo Anderbrügge an unser Schlagzeug gesetzt. Ohne Fußballsongs hätten wir wohl auch nie Martin Max oder Mike Büskens [alle ehemalige Spieler des S04] im Publikum gehabt. Da wir überall als Schalker bekannt waren und sind, kommt auf unseren Konzerten natürlich auch jede Menge Gegenwind von Fans anderer Clubs, aber meist auf eine nette Art und Weise. Die Stimmung war und ist überall auf jeden Fall gut aufgeheizt.“

Für die Lokalmatadore kommt der Erfolg mit Fußballliedern trotzdem überraschend. Ihre Version von „Blau und Weiß“ läuft auf einmal im TV bei der Eröffnungssendung der neuen Arena. „Dat is Schalke 04“ hat es inklusive Pogotanz ins feste Repertoire der Nordkurve geschafft. Wer zum ersten Mal auf Schalke ist oder die Arena als Gästefan besucht, merkt spätestens in diesem Moment, wie positiv bekloppt dieser Verein und die Menschen, die ihn religionsähnlich lieben und leben, doch sind. Für die Band ist dieses Ausmaß vorher nicht absehbar gewesen: „Wir waren ziemlich blauäugig damals. Aber der Erfolg bei unseren Leidensgenossen kam dann doch eher überraschend.“ Dennoch kam es nie zu einer offiziellen Zusammenarbeit zwischen dem Verein Schalke 04 und den Lokalmatadoren als Band. Die Nähe zum Verein beschränkt sich auf Fan-Initiativen. Bubba sieht es als besonders schwierig an, in einer offiziellen Zusammenarbeit die Texte ihrer Songs in dem Wortlaut vorzutragen, wie sie nun einmal niedergeschrieben sind.

Beide Leidenschaften der Lokalmatadore liegen bereits seit über einem Jahr brach. Bis auf wenige Ausnahmen finden die Spiele des FC Schalke 04 seither ohne Publikum statt. Veranstaltungen wie Konzerte liegen bekanntermaßen komplett auf Eis. Bubba geht aufgrund gesundheitlicher Probleme aktuell kaum unter Leute und sieht die Situation aus einem anderen Blickwinkel: „Was ich am meisten vermisse, hat weniger mit Corona zutun: Guten Fußball von unserem Team! Die zweite Bundesliga hat im nächsten Jahr zwar aufgrund der vielen Traditionsvereine Kult-Potential. Allerdings befürchte ich, dass Schalke aufgrund seiner chronischen finanziellen Probleme einen ähnlichen Weg wie viele andere Clubs vor uns gehen muss.“ Mittlerweile liegt das letzte Album der Lokalmatadore ohne Fußballbezug elf Jahre zurück, „Alle unsere Schalker Lieder“ erschien 2011. Bubba stellt trotzdem eine weitere Platte der Band in Aussicht. „Aber nur, wenn Schalke Meister wird! Und damit meine ich nicht in Liga zwei.“