AdW: David, du engagierst dich neben KMPFSPRT noch bei Hammerhead. Ist das eher ein Nebenprojekt. Oder hast du jetzt zwei Hauptprojekte?
David: Wenn ich Hammerhead als Nebenprojekt bezeichnen würde, würde man mich vermutlich heute noch mit Betonschuhen in die Spree werfen. Es sind zwei Hauptbands, die nebeneinander koexistieren und sich gegenseitig ein bisschen mögen.
Und terminlich funktioniert das auch. Hammerhead sind keine voll tourende Band von 21-jährigen Studenten, die es richtig wissen wollen. Wir hatten ein einziges Mal in den zwei, drei Jahren eine terminliche Überschneidung, wo es irgendwie ärgerlich war. Aber das geht tatsächlich irgendwie überraschend gut.
Richard: Ja, das finde ich auch. Es wirkt sich auch nicht auf KMPFSPRT aus und wenn, dann würden wir immer einen Weg finden. Und das war damals auch ganz klar kommuniziert. David hat uns über die Möglichkeit bei Hammerhead informiert. Wir fanden das eine mega coole Möglichkeit.
AdW: Gibt es andere Nebenprojekte?
Richard: Bei mir aktuell nicht. Aber Jan, unser Schlagzeuger, spielt in mehrere Bands, manchmal auch als Aushilfe.
David: Exakt Neutral, Bazooka Zirkus, Kampfsport und noch ein, zwei weitere.
Richard: Jan ist halt Vollblutmusiker, der bekommt das immer unter einen Hut. Er ist auch Lehrer und aber eigentlich versucht er jede Zeit in Musik zu investieren und das bekommt er hin. Und Dennis ist Chefredakteur beim Fuze Magazin.
AdW: Ich habe in einem Interview gelesen, dass ihr alle eine politische Meinung habt, durchaus differenziert, aber dass ihr keine politische Band sein wollt. Wie ist das zu verstehen, hat sich an dieser Einstellung etwas geändert?
David: Da ist die ganze Zeit immer viel passiert. Wir haben mit Pro Asyl zusammengearbeitet, haben eine Spendenaktion gemacht und haben Geld gesammelt. Durch Benefizkonzerte in Köln haben wir Geld für den Flüchtlingsrat gesammelt, oder auch für Sea Watch. Wir machen tatsächlich die ganze Zeit Aktionen. Es ist nicht so, als würden wir keine politische Band sein wollen. Wir sind eine politische Band, das lässt sich gar nicht abstreiten. Aber wir haben die Band nicht gegründet, um eine politische Band zu sein. Wir haben Band gegründet, um eine Rock'n'Roll Band zu sein, die Spaß hat, auf Tour geht und auch mal ein Bier zu viel trinkt, die Freundschaft gemeinsam feiert, auf der Bühne mit Musik, die wir lieben. Das war die ursprüngliche Idee. Dass das jetzt so ultrapolitisch geworden ist, liegt daran, dass die Welt so geworden ist und wir den Mund aufmachen müssen. Das Einzige, was wir als Musiker machen können, ist unsere Stimme zu nutzen. Wenn wir es nicht tun würden, hätte ich ein schlechtes Gefühl.
Richard: Wir kommen ja alle aus dem Punk. Da war es von Anfang an klar, dass wir jetzt nicht nur über das schöne Wetter singen wollen. Politische Texte und Ansichten waren immer Teil unserer Texte, mal offener ausgesprochen und mal ein bisschen lyrischer verpackt, sodass man irgendwie Dinge hineininterpretieren konnte. Aber ich glaube, dass wir klarer in der Message sind, ist über die Jahre entstanden und eben jetzt beim neuen Album noch deutlicher .
AdW: Bei Konzerten sind ja in der Regel die Menschen anwesend, die eure Ansichten teilen. Das heißt, man singt gegen die AfD mit Menschen, die gegen die AfD sind. Kommen von der Gegenseite Reaktionen oder Feedback, indem jemand sagt, er habe euch zugehört und ihr habt recht.
David: Nö. Aber es kommt vor, dass die sagen, wir haben euch zugehört, ihr habt Unrecht. Wir sind in diversen Nazichats geteilt worden mit Aktionen. Unsere Fotos, die wir gepostet haben, Videos, die wir gemacht haben, sind bei denen geteilt worden. Und dann kriegst du auf einmal Hate Bombing unter deinem Video oder unter deinem Post, koordinierte Kommentare. Irgendein komischer Schwurbelnazi YouTuber hat unsere Single vom letzten Album "Euphorie und Panik" in einem seiner komischen Schwurbelvideos erwähnt.
Richard: Aber es gibt uns die Gewissheit, dass wir das Richtige tun. Ob das da ankommt oder ob man die überzeugt, ist natürlich die andere Frage. Explizit hat sich niemand bei uns gemeldet, dessen rechte Überzeugung sich durch unsere Musik verändert hat.
David: Aber wir sind vielleicht ein Puzzleteil. Ich glaube nicht, dass du als Band unserer Größe den einen Song schreibst, der eine Person total umdreht. Die Ärzte oder Die Toten Hosen können das vielleicht eher. Viele Menschen, die unsere Musik hören, sind in einem Alter von 14 bis 16 Jahren. Die haben noch kein klar herausgebildetes Weltbild. Und ich glaube, wenn man denen unsere Attitüde vermittelt, haben sie ein Angebot in unseren Texten, wie wir das sehen. Und sie müssen das nicht genauso sehen, aber sie erkennen, dass es so vielleicht Sinn macht. Dann glaube ich schon, dass man Leute erreicht. In unserer Jugend war das nicht anders. Wir waren keine linksradikalen Überzeugungstäter, sondern einfache Kids, die gerne Skateboard gefahren sind, schnelle Musik mochten und sich nicht wirklich mit der Mainstreamgesellschaft identifizieren konnten. Und dann? Dann haben wir halt Slime, Propagandhi und Gorilla Biscuits gehört und auf die Texte geachtet. Und da haben wir mehr gelernt als von unseren Lehrern in der Schule. Ich denke, wenn wir das machen, ist vielleicht da draußen irgendein 16-jähriger, der durch unsere Texte anfängt, nachzudenken. Wie bei mir. Ich habe Gorilla Biscuits und Youth of Today gehört. Und das hat mich zum Nachzudenken angeregt, ob es richtig ist, Fleisch zu essen. Und nun esse ich seit über 30 Jahren kein Fleisch. Das haben diese Bands angestoßen. Wenn wir selber sowas anstoßen können, dass Menschen nachdenken, ob Nationalismus und Rassismus nicht vielleicht eine Scheißidee sind, dann bin ich happy.