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Wizo und "Nichts wird wieder gut": Ohne Rücksicht auf den guten Ton

Dieses Album war angekündigt, und war es irgendwie auch doch nicht. Während "im Winter" zwar seit Sommer im Raum stand, wachten jüngst die Newsletter-Abonnent:innen überrascht mit der frohen Kunde im Postfach auf: Der Wizo ist zurück! Und die Band bringt uns mit "Nichts wird wieder gut" direkt ein ganzes Album voller Inhalt und so typischer Melodien mit.

Es begab sich am Morgen des 5. Dezember, ein Dienstag. Eine uns gut bekannte Band aus Sindelfingen hat wortwörtlich über Nacht ein Album veröffentlicht und die Empfänger*innen ihres Newsletters darüber informiert. Die Neuveröffentlichung namens "Nichts wird wieder gut" ist ab sofort zum Streaming und digitalem Kauf verfügbar, bald auch auf CD und Vinyl zu haben. Da die dreizehn Tracks sofort auch auf Youtube veröffentlicht wurden, hatte wirklich niemand mehr eine (nachvollziehbare) Ausrede parat, den Dienstag nicht mit eben diesem Album zu starten. Wir erzählen hier die Geschichte von niemand geringerem als der Band Wizo, die mit "Nichts wird wieder gut" den Nachfolger zur 2016 erschienenen Platte "DER" auf den Markt geworfen hat. Wie man es von Axel Kurth gewohnt ist, wird darauf kein Blatt vor den Mund genommen. Im Gegenteil, die behandelten Themen werden ungeschönt nach außen getragen und in Wortwahl sowie Kontext ohne Rücksicht auf den guten Ton dargeboten.

Musikalisch liefern Wizo uns genau das, was wir schon so lange kennen und lieben: Größtenteils schnelle und kompromisslose Punkrocknummern, die durch Axels markante und sofort zuzuordnende Stimme dominiert werden. Alex Stinson an den Drums und Bassist Ralf Dietel, der mit seiner weiteren Band Krashkarma (Los Angeles) immer wieder auch in Deutschland auftritt, bilden den Rahmen um Kurths Worte und Gitarre. Mit Ausnahme weniger Autotune-Experimente kann hier mit bestem Gewissen und vor allem dem Wissen, dass man genau das bekommt was man erhofft und erwartet, zugegriffen werden. Hört man darauf bezugnehmend zum Beispiel noch einmal in "Raumgleita" aus dem Jahr 2004 rein, auch wenn der dort eingefügte Effekt ein anderer war, ist doch eigentlich alles wie immer.

 

Textlich finden Wizo auch im Jahr 2023 noch so einiges Kümmernswert. So viel vorab: Wer die politische Ader der Band sucht, wird auf "Nichts wird wieder gut" lediglich in "Earlybird" so richtig fündig. Ansonsten legt die Band den Fokus vor allem auf die Themen Zeit sowie Vergänglichkeit und dabei vor allem auf das lyrische Ich, also sich selbst. In der Tracklist finden sich Songtitel und Teile davon wie "Nichts wird wieder gut", "Verfall", "Mörderin" und "Menschensterben" wieder und fügen sich in das beschriebene Bild ein. Dass in "Schönheit des Verfalls" und auch in "Mörderin" das Altwerden mit allen einhergehenden Randerscheinungen in ein positives Licht gerückt wird ("Und ich schau dich an und finde dich immer noch wunderbar!"), bildet die Ausnahme. Eher wird der Maßstab "Alles scheiße! Nichts wird wieder gut!" (aus "Nichts wird wieder gut") angelegt und ganz typisch gemeckert und schwarz gemalt. "Schlafanzug" als allseits bekannte Geschichte handelt von der Vernunft des Alters und dem Scheitern daran in der Form doch wieder der letzte Gast auf dem Konzert zu sein und die S-Bahn zu verpassen. Aus dem einen vorher angekündigten Kaltgetränk wurden natürlich wieder mindestens vier. Dass auch der vor Ewigkeiten schon einmal live gespielte Titel "Egal was kommt" endlich den Weg auf eine Platte von Wizo gefunden hat, rundet die Geschichte dieses Albums wunderbar ab.

Fazit

8
Wertung

Morgens mit einem neuen Wizo-Album aufwachen und es war kein Traum? Ein Traum! Ich habe so viele Jahre darauf gewartet, dass "Egal was kommt" endlich auf einer Platte erscheint und wurde damit direkt mitbelohnt. Wizo machen eigentlich alles wie immer, und damit so vieles richtig. Drehte sich "DER" noch viel mehr um politische Ansichten, legt dieses Album den Schwerpunkt neu und nach innen. Unterhaltend ist "Nichts wird wieder gut" allemal, setzt den einen oder anderen Denkanstoß und erfüllt damit für mich voll seinen Zweck.

Mark Schneider