Reviews

War on Women und "Wonderful Hell": Let’s raise some hell!

“Let’s raise some hell” - Dieser Ausruf zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Album. Auf Track 1 und 3 wird er beide Male gut eingesetzt und macht direkt zu Beginn des Albums die Absicht der Band klar.

“You create the refugees. You hate the refugees”. Eine der vielen starken Zeilen des neuen Albums “Wonderful Hell” der Band War on Women. Die gesamte Platte ist insgesamt geprägt vom guten Songwriting und instrumentalem Können auf sehr hohem Niveau. Bereits zu Beginn lässt das Quintett die Punk-Herzen höher schlagen, ihr Song “Aqua Tofana” überzeugt auf ganzer Länge. Der Titeltrack des gleichnamigen Albums ist einer der wenigen Songs, bei denen Sängerin Shawna Potter aus sich herauskommt und ihre durchaus vorhandene Fähigkeit zu Screamen freien Lauf lässt. Leider bleibt es aber bei diesen wenigen Momenten auf dem Album. 

Der vierte Song mit dem Namen “This Stolen Land” ist vor allem künstlerisch und politisch betrachtet ein großartiges Werk. Zu Beginn bedienen sich WoW an der ersten Strophe des in Amerika berühmten Evergreens “This Land Is Your Land” von Woody Guthrie als Intro zum eigentlichen Song. Die Kinderstimmen, die besagte Strophe singen, sorgen für die nötige verzerrte Wirklichkeit und den daraus resultierenden Spannungsaufbau. Im ersten Moment fühlt man sich in die gut behüteten 50er-Jahre der USA zurückversetzt, doch prompt nimmt der Song eine Wendung und schickt die Hörerschaft auf den Boden der Tatsachen zurück. Von “This land is your land, this land is my land” mit der begleitenden subtilen Aussage "kommt nach Amerika, lasst uns das Land teilen", hin zu der jetzigen Realität mit drastischem Stilbruch und den Zeilen “You create the refugees. You hate the refugees” kreieren WoW ein tolles künstlerisches Werk, dessen Tiefe in Bedeutung und Relevanz leicht überhört werden kann. Kaum setzt das Schlagzeug ein kommt die wahre, animalische Natur des Songs zum Vorschein. Zwar langsamer als gewöhnlich für Punksongs im Tempo, dafür aber mit einem durchdringenden Beat und satten Gitarren. Jedoch ist die Wandlung in diesem Stück etwas delikater. Von Kindergesang geht der Song über zu schweren Drums, biegt dann für den Refrain in eine schnellere, punkige Richtung ab und geht dann wieder zurück zum ursprünglichen Beat. Nicht unbedingt jedermanns Sache, dieses wunderbar wandelbare Stück, doch nichts desto trotz eine experimentell gelungene Komposition. Es lohnt sich, dieses Lied mehrmals anzuhören, es gibt immer etwas Neues zu entdecken oder zu interpretieren. 

Track 6 des Albums überzeugt fast auf ganzer Länge. Ein wahrer Hinhörer bereits zu Anfang des Songs, und so sauber und professionell der Gesang auch sein mag, klingt er für einen derartigen Track leider etwas zu brav und zu sauber. Mit einem Tempowechsel im letzten Teil des Songs, treibenden Drums und tollen Gitarren ist “Big Words” dennoch ein guter Opener für die zweite Hälfte der Platte. Der siebte Track “Seeds” steht seinem Vorgänger in nichts nach, die Kritik bleibt jedoch die Gleiche: Ein toller Song mit politisch starkem Text, nur fehlt das letzte Quäntchen Aggressivität in den Mainvocals. Bei aller Kritik muss allerdings fairerweise gesagt werden, dass die Band War on Women auf Platte wie auch Live sehr viel zu bieten hat. Allein die Drums sind wahnsinnig stark komponiert und gespielt, und sobald sich die Weltsituation wieder beruhigt hat, sollte jede*r zusehen, dass er/sie zu einem Konzert dieser Band kommt.

 

Fazit

7
Wertung

Ein gelungenes Album mit starken Texten und Kompositionen, einzig der Frontgesang lässt an manchen Stellen zu wünschen übrig. Dennoch: (Politische) Relevanz hat das Album allemal, gerade in Anbetracht der anstehenden Präsidentschaftswahl.   

Jan-Severin Irsch
6.5
Wertung

Ähnlich wie bei Press Club ist die Stimme von Shawna Potter immer etwas drüber. Musikalisch legen War On Women gegenüber den Australiern aber noch einige Schüppen drauf. Es wirkt beinahe so, als wolle die Band ihre von Wut geprägten Aussagen den Leuten vor den Boxen einprügeln. Fazit: Gerne mehr davon! 

Mark Schneider