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Sh!t Out Of Luck und "Afraid Of Peace": Hut ab, du Coverstar!

Sh!t Out Of Luck aus Stuttgart werfen mit "Afraid Of Peace" neun Fetzen Fleisch in das Haifischbecken der Punkrockszene, die zu betören wissen. Dabei missachtet die Band jegliche "Drei-Akkorde"-Klischees und liefert mit Punkrock der etwas anderen Art kurzweilige Unterhaltung für das Trommelfell!

Punkrock der etwas anderen Art? Sh!t Out Of Luck? Zugegeben, beides hat man bis hierher nicht allzu oft vernommen. Die Fragezeichen auf den Stirnen unserer Leserschaft lesen sich wahrscheinlich wie ein nicht von Verständnis geprägter, passiv agressiver Kommentar unter einem Tweet der NRA, doch dazu später mehr. Erst einmal ist Zeit für etwas Aufklärung: Die Band um Sänger und Gitarrist Tim formiert sich aus Gitarrist Mike, Bassist Merlin und Drummer Quentin. Die Jungs kommen aus Stuttgart und fanden im Jahr 2019 zuerst als Akustik-Punk-Duo zusammen, ehe man aufstockte und zu Beginn des Jahres 2021 Strom und weitere Musiker zur Musik hinzufügte. Bis zum Beginn des Jahres 2022 standen nicht nur ein vollständiges Quartett als Band, sondern auch die ersten neun Songs, welche nun als Album in Form von "Afraid Of Peace" das Licht der Welt erblicken. Und so viel sei vorab erwähnt: Da steckt etwas spannendes drin! Aber lest selbst...

Die Jungs kündigen sich selbst als Punkrock an. Das mag im Herzen auch stimmen und die Basis für das musikalische Schaffen von Sh!t Out Of Luck sein, die Band erklettert dieses Grundgerüst jedoch und balanciert mit allerlei Seitensprüngen darauf herum. Bereits der erste Gitarrenakkord verrät, dass hier wie bereits beschrieben nicht mit maximal verzerrten, einfachen Akkorden gearbeitet wird. Das Gegenteil ist der Fall, die Jungs wissen wie man mit Instrumenten umgeht und spielen Blues-Riffs, Ska-Elemente und Ansätze von Funk in ihren melodischen und variablen Titeln. Eine große Band aus Berlin (AUS BERLIN!) fragte einst: Ist das noch Punkrock? Die Antwort: Unbedingt! Textlich liefert die Band zum einen eine Variation aus Punk und Rebellion, beispielhaft gegen die National Rifle Association of America oder die USA an sich ("F*ck The N.R.A."), jedoch auch gegen eine Welt voller Lügner und Feiglinge ("World Of Liars") und die grundsätzliche Feststellung unserer aller Sterblichkeit ("Slaughterhouse Blues"). Viel tiefer gehen allerdings die Geschichten über persönliche Schicksale, wie sie "Afraif Of Peace" als Titeltrack und "Frank" erzählen. Frank trinkt seit 30 Jahren, ist obdachlos, hatte Frau und Kinder. Dann verlor er die Kontrolle über sein Leben, nachdem die Tochter starb und seine Frau den Verlust nicht verkraften konnte. Es folgte der Jobverlust und als er eine helfende Hand am meisten brauchte, war keine da. "But Frank could be you and Frank could be me." Das Schickal spielt sein eigenes Spiel, das machen Sh!t Out Of Luck mit diesem wahnsinnig eingängigen Song schonungslos deutlich.

Für das erste "Punkrock"-Album der Band steckt in "Afraid Of Peace" also eine ganze Menge drin. Das mit Abstand Beste an diesem Album ist allerdings die Tatsache, dass man ihm, und das ist als absolutes Kompliment gemeint, genau anhört wo es herkommt. Nämlich nicht aus dem großen, professionellen Tonstudio in Berlin-Kreuzberg, sondern aus dem Proberaum, "Tims Butze" und "Eilin's Keller". Dadurch fehlt zwar beispielhaft der Druck im Sound, doch wisst ihr was?! Sch..egal! Wenn Musiker auf ihrem ersten Album den Effekt erreichen, dass man dran bleibt, die Platte mehr als einmal durchhören möchte ohne sie genervt aus dem Autofenster werfen zu wollen UND Ohrwürmer hängen bleiben, dann zählt hier noch das Punkrock-Herz und nicht die Perfektion. Chapeau, Sh!t Out Of Luck.

Fazit

7.2
Wertung

Hätte ich auf dem Cover dieses Albums Platz genommen, ich würde meinen Hut ziehen! Eher spontan fiel mir dieses Album in die Hände und ich muss zugeben, die genauso spontane Zusage es mir anzuhören keine Sekunde bereut zu haben. Kratzige, kräftige Vocals in Kombination mit musikalischer Affinität. Macht bloß weiter so!

Mark Schneider