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Fucked Up und „One Day“: 24 Stunden, 10 Songs, eine Band

Wenn Fucked Up Musik aufnehmen, dann mit einem Plan. Dieses Mal war der Plan, in nur 24 Stunden aufzunehmen. Zeitdruck kann kreativ machen, aber dabei kann einiges schiefgehen. Wie lief es bei „One Day“?

Wenn man Fucked Up kategorisieren wollen würde, wäre vielleicht der Begriff „Konzeptpunk“ passend. In der Vergangenheit fielen diese musikalischen Konzepte vor allem durch ihre Grandiosität auf: Da ist ein 12-stündiges Marathon-Konzert 2008, das Meta-Musical „David Comes To Life“ von 2011, eine 12-Inch-Reihe basierend auf den chinesischen Sternzeichen. Was ist also das Konzept von „One Day“?

Der Titel verrät es eigentlich schon: Für „One Day“ schrieben und spielten die Musiker*innen ihre Parts innerhalb von jeweils 24 Stunden ein. Aber diese Arbeitsweise bedeutet nicht, dass Fucked Up plötzlich zu einer minimalistischen Lo-Fi-Band geworden sind. Es türmen sich immer noch Gitarrenspuren über Gitarrenspuren, nach vorne gemischt, damit sie sich wie ein Vorhang über die Songs drapieren.

Aber diesmal ist der Vorhang aus Chiffon und durchscheinend. Die Strukturen und Melodien in den 10 Songs (für Fucked-Up-Verhältnisse ist das fast schon lächerlich wenig) werden dadurch sehr viel klarer. Dennoch stecken sie voller Energie und hymnischer Momente. „One Day“ ist im Kern ein Power-Pop-Album.

Es beginnt mit einem Schrei in „Found“, der die ganze Band nach vorne preschen lässt und über die gesamte Laufzeit nicht mehr ausbremst. Dieses Momentum kanalisieren Fucked Up in verschiedenen Formen: „I Think I Might Be Weird“ wirkt wie aus den Alternative-Rock-90ern, „Huge New Her“ und „Broken Little Boys“ sind sowas wie Post-Skatepunk, „Cicada“ klingt wie aus dem Nachlass von Sunny Day Real Estate und für „Roar“ wurde der Old-School-Hier-Sind-Drei-Akkorde-Punk-Rock aufpoliert.

Und um an dieser Stelle noch mal auf den Begriff Konzeptpunk zurückzukommen: Im Grunde war Punk Rock ja immer mit einem Konzept verbunden. Nämlich dem, dass es keine großartig durchdachten Ideen braucht, um ihn zu machen. In diesem Sinne ist „One Day“ eine Rückkehr zu den Wurzeln des Genres, dem sich Fucked Up immer genau andersherum genähert hatten. Nun beweisen sie, dass ihre Musik auch ohne diesen Überbau funktioniert.

Fazit

8.1
Wertung

Wird „One Day“ den Status eines Klassikers wie „David Comes To Life“ einheimsen? Wahrscheinlich nicht, dafür fehlt ihm die Einzigartigkeit des Punk-Musicals. Ist es trotzdem ein tolles Album voll mit Hits? In jedem Fall.

Steffen Schindler