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Cleaning Women und „Intersubjectivity“: Tanzbare Absurdität

Drei finnische Männer betiteln sich als Roboter, spielen auf ausrangierten Haushaltsgeräten und erzeugen mechanisch klingende Ohrwürmer mit Disco-Potential. Wer seinen musikalischen Horizont durch Absurditäten erweitern möchte, ist hier genau richtig.
Cleaning Women Intersubjectivity Cover

Die selbstbetitelten „Cleaning Robots“ CW01, CW03 und CW04 erschaffen seit 1996 unermüdlich Musik. In den vergangenen Jahren haben sie zahlreiche Kunstprojekte und Stummfilme mit ihrem außergewöhnlichen Sound bereichert, über 500 Auftritte in den verschiedensten Winkeln der Welt gespielt und mit „Intersubjectivity“ erscheint nun ihr mittlerweile vierter Longplayer. Doch die Aufmachung der Band als Reinigungs-Roboter ist noch nicht das außergewöhnlichste der Formation. Cleaning Women erweitern ihr Klangrepertoire durch selbstgebaute Instrumente, die sie aus Mülltonnen, diversen Haushalts- und Reinigungsutensilien herstellen. Der minimalistische und mechanisch anmutende Sound wird so von Klang- und Geräuschexperimenten durchsetzt, die beim ersten Hören allerdings nicht zwangsläufig als manuell erzeugte Klänge erkannt werden. Stattdessen vermutet man elektronische Effekte hinter dem Knacken, Klimpern und Knirschen.

In „Leap Of Faith“ ist der Industrial-Einfluss deutlich zu hören: düstere Grundstimmung, sphärischer Gesang, roboterartige Stimmfetzen und ein verzerrt grollender Bass komplettieren den mechanischen Sound, der an das dunkle Schnaufen von großen Gerätschaften erinnert. „We Work It Out“ besticht mit treibendem Rhythmus und großem Ohrwurm-Potential. Die Drums bleiben während des gesamten Albums sehr geradlinig und präsent. So erklingen sie selbst während des ruhiger anmutenden Songs „Shadows In The Air“ einnehmend und mechanisch. Einige Klang-Experimente bleiben während der ersten Hörversuche schlichtweg sperrig und undurchdringbar. „Living On The Streets“ oder „Input Output“ bedürfen beispielsweise mehrerer Anläufe, um nicht bloß zusammenhanglos, sondern rastlos, wild und psychedelisch zu klingen – dennoch hängt der Hörgenuss hier wohl deutlich von der Bereitschaft ab, sich auf ungewöhnliche Klang-Konstrukte einzulassen. Spätestens beim deutschsprachigen Song „Party Teufel“ stellt man die Platte entweder entnervt ab oder beginnt, so richtig Spaß an der dargebotenen Absurdität des Sounds zu entwickeln. Dass Alexander Hacke von den Einstürzenden Neubauten bei der Produktion dieses Albums seine Finger im Spiel hatte, scheint nach mehrmaligem Hören geradezu offensichtlich zu sein.

Fazit

6.5
Wertung

Von tanzbarer Avantgarde mit Ohrwurm-Garantie über maschinelle Industrial-Sounds bis hin zu vertrackten Sound-Experimenten hält „Intersubjectivity“ eine ungeheure atmosphärische Bandbreite bereit. Ob diese nun unsäglich nervt oder als künstlerisch wertvoll gilt, dürfte stark von den eigenen Hörgewohnheiten und der Vorliebe für ungewöhnliche Klänge abhängen.

Sarah Ebert