HIM in Köln: “When Love And Death Embrace” - Der Tod einer Liebe

Am 8.12.2017 spielten HIM ihr allerletztes Konzert in Deutschland. Wir waren für euch da und haben ein letztes Mal Ville Valo und dem Love Metal huldigen dürfen.

Ein kalter und rauer Dezemberabend durchzieht die Kölner Innenstadt. Vor dem Palladium warten hunderte Menschen darauf endlich ins Warme zu dürfen. HIM, die finnische Rockband, welche das Genre des Love Metal ins Leben rief und seit 26 Jahren aktiv ist, gibt sich ein letztes Mal die Ehre in Deutschland.

Gegen 20 Uhr fängt dann auch schon die Vorband an. Die Biters aus Atlanta legen ordentlich los und die Bühne wird mit ihrem Rock’n’Roll geflutet. Die Fans im Saal applaudieren und wirken dennoch eher desinteressiert. Alle warten auf den Haupt-Act. Vorbands haben immer ein schweres Los, auch heute ist das nicht anders. Dann kommt die Umbaupause, welche weniger lange dauert als erwartet. Als HIM gegen 21 Uhr die Bühne betreten rasten die Fans aus und mit „Buried Alive By Love“ geht es dann los in einen Abend, welcher der letzte seiner Art sein wird. Aus hunderten Kehlen werden die Lyrics mitgesungen, Pärchen stehen kuschelnd in der Menge. HIM spielen Hit nach Hit und das Publikum dankt es ihnen mit Mitsingen und lautstarkem Applaus.

Das Kölner Publikum genießt nicht den besten Ruf und gilt immer eher als zu ruhig und steif. Heute Abend jedoch singt beinahe jeder mit. Pogo und Mosh-Pit wären bei HIM auch eher unangebracht. Klassiker wie „Heartache Every Moment“, „Gone With The Sin“, „Join Me (In Death)“, „Killing Loneliness“ und viele mehr erfüllen den Saal mit Gesang und Gefühlen. Die Band hat sichtlich Spaß an diesem Abend und auch Valo unterbricht das Set ab und an, um ein wenig rumzualbern. Bei Erwähnung der Tatsache, dass es der allerletzte Gig in Deutschland ist, applaudiert die Menge ewig und man blickt in traurige Gesichter. Man wusste, dass es soweit kommen würde, aber so richtig hat es hier noch niemand wahrhaben wollen.

HIM Köln

Nach 19 Songs verlassen HIM die Bühne. Der Applaus ebbt nicht ab.
Das Publikum jubelt und ruft so lange weiter, bis die finnischen Love-Metaller noch einmal die Bühne betreten und mit „Rebel Yell“ und „When Love And Death Embrace“ die Kirsche auf diese Konzerttorte legen. Dann ist es vorbei. Vollgepumpt mit Melancholie und Schwermut und doch euphorisch dabei gewesen zu sein, verlassen hunderte Menschen das Palladium und werden mit einem schneebedeckten Köln überrascht. Wie im Video zu „The Funeral Of Hearts“.

Ein Nachruf auf die erste Lieblingsband.

Als ich 1999 vor dem Fernseher saß und MTV schaute (damals lief da noch Musik) kamen plötzlich HIM mit „Join Me (In Death)“ und zogen mich in ihren Bann. Ich war 11 Jahre alt und hatte bis dato kaum eigene Musik entdeckt. Durch meinen Vater war ich Fan von Die Ärzte und Die Toten Hosen geworden, aber HIM war meine Entdeckung. Diese Melancholie begeisterte mich sofort, und auch wenn ich noch nicht einmal wusste, wie es sich anfühlte zu lieben, fühlte ich mit. In den kommenden Jahren wuchs mein Interesse an der Band und so habe ich bis heute sämtliche Alben im Regal stehen und auch wenn ich sie weniger höre als früher, haben die Finnen immer einen besonderen Platz in meinem Herzen.

Kaum eine Band schafft es, 26 Jahre lang fast ausschließlich über Liebe zu singen und dabei noch wirklich Gefühle zu wecken. Die Alben der letzten Jahre waren etwas schwächer als „Razorblade Romance“ und „Deep Shadows And Brilliant Highlights“, und doch habe ich jedes gekauft und geliebt. HIM gehören auch nach 18 Jahren noch immer zu meinen Lieblingsbands, weil es vielleicht die Band ist, die mich am meisten durch miese Tage begleitet hat. Klar, Nine Inch Nails haben die Jungs als absolute Lieblingsband vom Thron gestoßen, aber was HIM und ich hatten, kann niemand ersetzen.

HIM Köln

Pubertät, Liebeskummer, unglücklich verliebt und verlassen. Ville war immer da für mich und besang meine verwirrte Gefühlswelt. Er wusste, wie ich mich fühlte und wenn ich verliebt war, war „Join Me“ der Soundtrack, denn ich wollte genau diese Romantik. Absolute Liebe. Ähnlich wie Disney, hat HIM mir ein unrealistisches Bild von Liebe vermittelt und ich bin dankbar dafür. Auch wenn es nichts gibt, was nur halb so romantisch ist wie die Lyrics aus Villes Mund, habe ich den Glauben an Liebe nie verloren. Auch war die Musik der Finnen der Einstieg in die düstere Szene und letztlich auch zu meinem jetzigen Musikgeschmack.

All diese Punkte machen HIM nach wie vor unheimlich relevant und schön für mich. HIM verlassen die Musikszene mit einem Knall, und das nicht, weil sie unbedeutend geworden sind oder langsam anfangen, wegzusterben (wobei das bei Villes ehemaligen Rauchverhalten auch nicht gewundert hätte) - und auch das rechne ich ihnen hoch an. Ich blicke auf den Abend des 8.12.2017 zurück, muss lächeln und bin doch traurig. Aber vor allem eines: dankbar. Und sollte ich mal wieder mit gebrochenem Herzen und einer halben Flasche Wein dasitzen, weiß ich, was ich in den Player legen werde. Danke HIM.