Bei der ersten der in diesem Rahmen stattfindenden Sessions geht es gleich um das Konzept eines Offgrid-Festivals, also eines Events, das seinen Strom komplett selbst erzeugt. Die Idee stößt auf Interesse und 2018 startet so das erste Futur 2 Festival. „Ich war meistens ein kleiner Teil von Großveranstaltungen“, beschreibt Hansen seinen Weg dorthin. „Mein nächster logischer Schritt war deswegen, ein Event zu starten, wo dieser Teil im Mittelpunkt steht.“ Das Konzept des Festivals sieht zwei Bühnen vor, die ihren Strom aus unterschiedlichen Quellen gewinnen: Eine Ressource sind die bereits bei Hansens vorherigen Projekten erprobten Fahrräder, außerdem gewinnt das Event Strom aus Solarenergie. Hansen und sein Team stellen eine Prognose aus, wie viel Strom sie für das eintägige Festival benötigen werden – und gehen dabei durchaus ein Risiko ein. „Bis zum ersten Festival war das natürlich ein Glücksspiel“, räumt er ein. „Das Ergebnis der Veranstaltung hätte auch sein können, dass wir mit Pauken und Trompeten gescheitert wären.“ Tatsächlich geht aber alles weitgehend glatt. Obwohl statt der erwarteten 1000 Menschen ganze 5000 das Festival besuchen, müssen die Notstromgeneratoren auf Rapsöl-Basis abends nur für etwa drei Stunden aushelfen. 2019 findet das Event erneut statt, dieses Mal ist das Wetter unter Solar-Gesichtspunkten eher dürftig: „Wir hatten wenig Sonne, es war zu kalt und zu dunkel. Trotzdem hat die Stromversorgung standgehalten und das auch zu weiten Teilen aus der Solarkraft. Das Konzept hat also Praxistauglichkeit bewiesen, die gar nicht so wetterabhängig ist, wie man glauben würde.“
Entsprechend Hansens Gedanken zu ganzheitlichen Nachhaltigkeitskonzepten hört das Futur 2 Festival aber nicht beim Punkt der Stromversorgung auf, sondern überträgt die Umweltfreundlichkeit auf alle Bereiche. So wird die umweltfreundliche Anreise durch verschiedene Kooperationen mit Hamburger Verkehrsunternehmen gefördert, auf dem Gelände gibt es zudem einen Fahrradparkplatz. Die Gastronomie vor Ort muss ihr Speisenangebot den Vorgaben des Festivals anpassen, die Energiebilanz ermöglicht es so etwa nicht, mit Strom zu frittieren. Sponsoren des Festivals dürfen vor Ort nicht einmal Flyer verteilen, um den Müll möglichst gering zu halten – schließlich ist gerade dieser Faktor ein großes Problem auf allen Festivals, das unter Bildern von apokalyptisch aussehenden Camping-Plätzen immer wieder harsch kritisiert wird. „In Wacken wurde gerade bestätigt, dass es im nächsten Jahr wieder einen großen Festivalsupermarkt geben wird“, kritisiert Hansen beispielhaft ein Phänomen, das mittlerweile auf vielen großen Majors zum festen Rahmenprogramm gehört. „Wenn man da Zelte für acht Euro kaufen kann, muss sich niemand wundern, wenn die am Ende weggeschmissen werden und die Besucher fünf bis acht Kilo Müll pro Kopf verursachen. Bei uns sind es 26 Gramm.“
Das Futur 2 Festival darf sich mit dieser Vielzahl an Ideen zu den umweltfreundlichsten Musikevents Deutschlands zählen – und ist bisher doch eher allein auf weiter Flur. Das liegt vor allem an den bisher viel zu zaghaften Nachhaltigkeitsversuchen großer Veranstalter. Die Frage ist aber auch, wie weit sich die Konzepte des Futur 2 Festivals auf den derzeitigen Rahmen eines Rock am Ring übertragen lassen. „Es ist eben nicht nur die Frage, wo die Energie herkommt, sondern auch, was man mit der gewonnenen Energie macht“, meint Hansen dazu. „Natürlich kann man kein Rammstein-Konzert mit Pedal-Power antreiben. Aber wenn man 5000 Leuten mit dieser Technik zu einem guten Festivaltag verhelfen kann, muss man kein Prophet sein, um zu sagen, dass das auch für 10.000 funktionieren kann. In ein paar Jahren ist dann vielleicht auch ein Major nicht mehr weit. Aber dafür muss man eben auch gefühlte Selbstverständlichkeiten über Bord werfen.“
Schlussendlich muss sich zeigen, wie Festivalbranche und Musikfans auf die Notwendigkeit nachhaltiger Konzepte reagieren werden. Bis es dort aber Ergebnisse gibt, ist das Futur 2 Festival eine wichtige Demonstration, um zu zeigen, wie es besser geht – und kann so auch Antriebe schaffen, sich außerhalb einer eintägigen Party mit dem Thema Umweltschutz auseinanderzusetzen. „Ich glaube, es gibt kaum eine wichtigere Branche als die Kulturbranche, um einen nachhaltigen Lebensstil in der breiten Gesellschaft zu verankern“, denkt Hansen dazu abschließend nach. „Wir verfügen über das Kapital, dass Leute open-minded zu und kommen, Eifer mitbringen und sich inspirieren lassen. Wir sind in der Lage, Themen zu setzen, ohne mit der Verbotskeule zu schwingen.“