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Olli Schulz und "Vom Rand der Zeit": Alles und nichts wie immer

Ein bisschen zerzaust und das Herz auf der Zunge, das ist und bleibt Olli Schulz. Während das bei den meisten zur Phrase verkommt, lebt Schulz streng danach. So bleibt er auch auf "Vom Rande der Zeit" einer der besten Liedermacher dieser Generation.

Auch wenn Olli Schulz nicht gerne mit Bob Dylan verglichen wird, kann man diesen Vergleich doch sehr passend zur Hand nehmen. Denn beide sind weniger populär auf Grund ihrer opulenten Gesangsstimmen, sondern auf Grund der Geschichten die sie erzählen und die einzigartige Art und Weise wie sie diese Erzählen. 

Der Titeltrack des Albums, inspiriert von einer wahren Begegnung in einer Berliner Bar, erzählt von einem Moment des Verlorenseins, der für viele Menschen kennzeichnend ist - ein Zustand, den Schulz als "Rand der Zeit" beschreibt. In diesen persönlichen Begegnungen und Reflexionen spiegelt sich die Veränderung und die Herausforderung wider, mit der Zeit Schritt zu halten. Oder wie Stromberg sagt: "Wer nicht mit der Zeit geht, muss mit der Zeit gehen."

Es ist jedoch nicht nur seine reflektierte Seite, die Schulz auf diesem Album präsentiert. In Liedern wie "So schreibt man seinen Song" feiert er das Leben und die Musik, während er in "Silvester" die Geburt seines Sohnes zum Jahreswechsel feiert. Diese Momente der Verbundenheit und des Glücks sind für ihn von tiefer Bedeutung und werden in seinen Liedern eindrucksvoll eingefangen. Beide Songs sind aber auch so besonders, weil Schulz sich um eine noch gefühlvollere Gesangsstimme bemüht und ihm das beispiellos vortrefflich gelingt.

Trotz des Risikos, in Klischees abzudriften, zeigt Schulz auf "Vom Rand der Zeit" eine gefühlvolle Seite, die von persönlichen Erlebnissen und einer optimistischen Grundhaltung geprägt ist. Selbst inmitten gesellschaftlicher Veränderungen und Diskussionen glaubt er fest an die Möglichkeit des Glücks und vermittelt dies durch seine Musik.

Abseits der persönlichen Erlebnisse bleibt auch Platz für humorvolle, fiktive Geschichten, wie das Duett "Stadtfest in Bonn" mit Ina Müller. Hier wird die Dynamik eines alten Showpaares humorvoll beleuchtet, das trotz persönlicher Differenzen gemeinsam auf der Bühne steht.

"Vom Rande der Zeit" ist ein Mix aus alltäglichen Geschichten, Wehmut, Dankbarkeit, aus einer Feder die so vieles davon erlebt hat oder beobachtet hat. Und beschreiben kann das eben dann eben kaum jemand besser als Olli Schulz

Fazit

8.5
Wertung

Schwer vorstellbar, dass sich irgendjemand nicht von den Songs auf "Vom Rand der Zeit" angesprochen fühlt. Vielleicht keine Lieder, die man am Lagerfeuer nachspielt, aber Songs, die alle dort lieben würden. Dann sollten wir einfach mal üben.

Moritz Zelkowicz