Ernsthaft? Schon wieder November? Ich überlege nach Beendigung des Arbeitstages, wann ich eigentlich mein letztes Konzert besucht habe. Das müsste im August 2020 gewesen sein. In Düsseldorf und mit kurzen Hosen und T-Shirts. Abends! Heute sieht die Welt ganz anders aus und ich denke bereits zu Hause auf dem kurzen Fußweg von meiner Haustür bis zum Auto darüber nach, dass ich Konzerte im KFZ in Marburg irgendwie immer dann besuche, wenn es entweder richtig (!) kalt ist, es schneit oder man vor lauter Nebel die Hand vor Augen kaum sieht. Heute kommt die Kälte und der Nebel mal wieder zusammen und ich starte mit voll aufgerissener Heizung auf die etwa eine Stunde lange Autofahrt nach Marburg an der Lahn.
Selbst in Marburg vor Ort läuft für mich heute einiges anders ab als sonst. Bedeutet es eigentlich immer den direkten Weg, vor allem bei diesen Temperaturen, aus dem Parkhaus ins wohlig warme KFZ, sind wir heute etwas früher dran und verabreden uns vor dem Konzert noch zum Abendessen und auf ein, zwei Getränke in der Stadt. Als wir gerade auf unsere Verabredung warten und, wie immer an dieser Stelle, unseren Spaß mit der doch arg wackelnden Fußgängerbrücke haben nehme ich aus dem Augenwinkel den dick eingepackten und leibhaftigen Pensen Paletti wahr. Ich denke natürlich nicht nach, handele impulsiv... und quatsche ihn mit einem unbeholfenen "Moin Pensen" an. Verwirrter Blick. Verwirrtes "Moin". Ich kriege die Kurve indem ich ihn nach der Einlasszeit zum Konzert frage und damit zumindest meine Position als Gast klarstelle. So kann Pensen wenigstens erkennen, warum ihn ein wildfremder auf einer wackelnden Brücke in Marburg anspricht. Er steckt mir die Uhrzeit und erzählt, dass vorher noch der Soundcheck stattfinden muss. Ich verabschiede ihn mit einem knappen "Gut gehen" und er zwinkert mir zur Verabschiedung zu. Vielleicht doch ganz gut gelaufen.
Zeitsprung: Einen guten doppelten Burger und ein großes Bier später (für mich eigentlich recht wenig für zwei Stunden Aufenthalt) spazieren wir die wenigen Meter zum KFZ und stellen uns draußen an. Dejá Vu. Bitterkalt in der Schlange vor dem Eingang dieser tollen Konzertlocation, es war für mich wie erwähnt noch nie anders. Der Einlass läuft recht zügig ab, Ausweis und Impfzertifikat zur Hand (der Abend läuft unter 2G), Stempel auf den Handrücken, fertig. Dass ich auch nach so langer Zeit nicht allergisch auf die Stempelfarbe reagiere ist ein gutes Zeichen für die Zukunft. Das Konzert der Monsters of Liedermaching findet wie immer voll bestuhlt statt, sodass ich mich mit einer großen Afri-Cola zum fairen Preis (eine Sache, die ich am KFZ liebe) ausstatte und mir einen Platz im rechten vorderen Drittel der Stuhlreihen suche. Dass ich beim Hinsetzen bereits die zweite Person aus meinem unmittelbaren etwa eine Autostunde entfernten Wohnumfeld treffe und in ein Gespräch verwickel, macht die Wartezeit bis zum Konzertbeginn durchaus kurzweilig. Der Laden füllt sich in den nächsten Minuten beinahe bis auf den letzten Platz, das Intro läuft runter und auf einmal sitzen sechs sichtbar gut gelaunte Liedermacher auf der Bühne und lassen sich vom Marburger Publikum herzlichst empfangen.