Der Samstag hält gleich drei Anlauf- oder vielmehr Anspielstationen für mich bereit. Den Einstieg macht die Newcomerin Blush Always, die im gut gefüllten Saal des Haus der Jugend mit grungigem Garage-Rock irgendwo zwischen Wolf Alice und Nirvana brilliert. An dieser Stelle merkt man dann doch mal wieder die Nachwehen von Corona. Blush Always spielt eigentlich mit Band, die konnte aber zum Konzert nicht erscheinen, weil die Künstlerin nur ganz kurzfristig für einen anderen Act eingesprungen ist. Dementsprechend springt der komplette Live-Funke nicht zu 100% über. Nach fünf Minuten Fußweg und einem kurzen Snack kommen wir in der Lagerhalle an, wo die nächsten beiden Konzerte des heutigen Abends stattfinden. Den Anfang macht das Straßenmusikduo Beranger, bestehend aus einem französischen Pianisten und einem australischen Drummer, die sich in Berlin auf der Straße kennengelernt haben (kannste dir nicht ausdenken, sowas). Die Band kombiniert wuchtiges Alternativerock-Schlagzeug mit klassischem Klavier und Pop-Melodien. Was in der Aufnahme oft eher seicht und glattgebügelt klingt, macht live erstaunlich viel Spaß. Die Drums stehen viel mehr im Vordergrund und die gesamte Produktion klingt viel fetter als in der Studioversion. Definitiv eine der großen Überraschungen an diesem Wochenende. Beranger entfachen spätestens ab der Hälfte des Sets zuverlässig Moshpits mit jedem neuen Song und nach zwei Jahren gehe ich zum ersten Mal wieder verschwitzt aus einem Konzert. Das Highlight des Abends und ein Stück weit auch des Festivals folgt auf dem Fuße, als die Münchener Blackout Problems circa eine halbe Stunde nach Beranger die Bühne der Lagerhalle betreten. Dass diese Band zum besten gehört, was deutsche Livemusik so zu bieten hat, muss man allen, die schonmal auf einem ihrer Konzerte waren, nicht mehr erklären. Von der ersten Sekunde an sprudelt einem von der Bühne aus die Energie nur so entgegen. Frontmann Mario pendelt regelmäßig zwischen Bühne, Pit und Soundbooth hin und her und einzig die Länge des Mikrokabels hält ihn davon ab, auch auf der Theke nochmal rumzuhüpfen. Auch Ex-Heisskalt-Drummer Marius endlich mal wieder live spielen zu sehen zaubert mir ein fettes Grinsen ins Gesicht. Tatsächlich enthält die Setlist der Blackout Problems an diesem Abend kein einziges Lied ihres ersten Albums “Holy”, dafür werden “Kaos” und “Dark” rauf und runter gespielt und auch die “Gods” EP kommt nicht zu kurz. Das war vielleicht nicht das objektiv beste Konzert meines Lebens, aber auf jeden Fall eines der emotionalsten, und das ging nicht nur mir so. Aus dem Publikum hört man immer wieder, wie schön es ist, Live-Musik endlich wieder so genießen zu können, wie sie am besten genossen werden sollte. Zusammen.