Derart fertig zu sein mit einer Menschheit, der nichts mehr heilig ist, kanalisierte sich bereits in der jüngsten deutschen Post-Punk-Bewegung um Die Nerven oder Love A. Diese prangern schließlich weniger Ungerechtigkeit an, als unbequem und eckig zu versuchen, überhaupt in dieser Welt zurechtzukommen. Lyschko klingen ähnlich roh und abgebrüht, haben die Phase des politischen Anklagens ebenfalls bereits hinter sich, wie Gitarrist Lukas beschreibt: „Früher haben wir viel auf Demos gespielt und waren in diesem Antifa-Umfeld. Wir würden schon immer noch sagen, dass wir linkspolitisch sind, aber…“ Bassist Jonah ergänzt: „Nicht so Parolen-schreiend und Powerchords-schrammelnd, sondern eher kryptischer.“ Der Versuch, etwas verändern zu wollen, ist für Lina zu naiv: „Früher haben wir uns auf Demos gestellt und gesungen: ‚Ihr seid scheiße, wenn ihr Fleisch esst, ihr verkorkst eure Kinder, wenn ihr denen einen Fernseher hinstellt.‘“ Tatsächlich klingt ihre Musik mittlerweile mehr nach Resignation als nach Aufbruch: „Das ist eben das Ding mit dem Erwachsenwerden – man ist abgeklärter geworden. Ich muss ganz ehrlich sagen: Mit 16 habe ich noch gedacht, es ist irgendwas zu retten. Da habe ich noch gedacht, ich werde Veganerin und ich bin bei Greenpeace und das bringt es dann. Mittlerweile kann ich nur versuchen, es so wenig wie möglich scheiße zu machen.“
„Also leb damit oder lass es bleiben/240.000 Mal.“
Bei einer derart gnadenlosen Offenlegung der eigenen Machtlosigkeit in der kapitalistischen Ausbeutungsmaschinerie liegt unweigerlich die treffende Feststellung des Wuppertaler Rappers Prezident nahe: „Sie nenn' mich desillusioniert, es klingt, wie als Kritik gemeint/Als sei es nicht was Positives, desillusioniert zu sein.“ Verzweifelt man nicht am Aufgeben aller jugendlichen Träume, die Welt zu verbessern? „Ich will einfach für mich die Genugtuung haben: Ich bin nicht diejenige, die Schuld daran ist, dass andere weniger haben. Jeden Tag ein kleines Stückchen besser? Nee! Jeden Tag eine gute Tat? Nein, du kannst keine gute Tat vollbringen. Es gibt nur null und abwärts.“, so Lina, und meint damit insbesondere eine umweltbewusste, vegane Lebensweise. „Das ist es ja: Du kannst nichts richtig machen. Du kannst nur versuchen, es möglichst wenig scheiße zu machen. Du kannst dir so viel Mühe geben, wie du willst, egal in welchem Punkt – und es ist völlig egal, weil alle im Überfluss leben und eigentlich jeder nur auf sich selbst fokussiert ist. Und man selber ja auch.“ Lukas bringt die Problematik anschließend grimmig auf den Punkt: „Man muss halt damit klarkommen, dass man in der Apokalypse lebt.“ Das Gefühl der Orientierungslosigkeit und des Nicht-Dazugehörens durchdringt ihre Musik dabei zu jeder Sekunde – selbst in ihrer eigenen Szene: „Wir gehören nicht zu den Säufer-Punks, die sagen ‚Wir geben euch auf die Mütze, weil ihr Nazis seid‘, aber wir sind auch keine Hippies, die meinen ‚Es ist alles zu retten und wir lieben alle und tanzen im Regen und dann ist alles gut.‘ Wir haben Freunde in beide Richtungen, aber wir waren immer wir.“