Unter dem Radar

Unter dem Radar #16: Xirow

Viele Künstler und Bands sprechen von Weiterentwicklung und Fortschritt, bleiben aber stets in ihrem bequemen Trott. Aber es gibt auch Bands wie Xirow, die sich stetig und konstant weiterentwickeln und an sich selbst wachsen.

Gründung: 2013
Heimatstadt: Treuchtlingen
Genre: Alternative Rock/Pop
Bisher veröffentlicht: „Visions“-EP, "Berg auf" (Single), "Herz in der Brust" (Single),
Für Fans von: Heisskalt, The Cure, Razz

Der Weg von Xirow ist stark geprägt von Pragmatismus. Das beste Beispiel bietet schon der Bandname. Machen viele Bands einen großen Kult aus ihrer Namensgebung, so denken Xirow sehr praktisch. Am Anfang blieben die zündenden Ideen aus, wichtig war nur, dass es ein eigenständiger Name ist, der auch bei der Suche auf Bing, Yahoo, Ecosia, Google und Co. ganz oben steht. Sänger Tom brachte schließlich das Wort "Xirow" ein, das nach und nach zum Bandnamen reifte.

Doch angefangen hat es früher und wie so oft in Deutschland. Ein paar der Jungs lernten sich beim Fußball kennen. Allerdings wäre es vermessen zu behaupten, dass dies schon der Startschuss war. Bis Manu und Lui das erste mal zusammen musizierten, dauerte es bis ins Teenager-Alter. Und dann kam das Jahr 2013. Xirow schreiben ihre ersten Songs, suchen ein Studio und einen Produzenten. Beides finden sie im beschaulichen Pforzheim in den Kolibri Studios. Im Proberaum hat die Band bereits den Grundstein für die kommende „Visions“-EP gelegt und eine Vorproduktion gestartet. „Man mag es kaum glauben, aber der Song 'Surround The Echo' ist komplett im Studio entstanden. Es gab zwar ein Paar Grundideen, aber eigentlich habe ich damals das Schlagzeug eingespielt und dann wurde da eben etwas gebastelt.“

"Surround The Echo" wird die Singleauskopplung der EP und erscheint mitsamt Video, das gleichzeitig einen mutigen Schritt bedeutet. Man hat sich zur Videoproduktion mit dem Aktionsbündnis gegen Homophobie zusammengetan und ein großartiges Video gedreht. Dafür erhalten Xirow nicht nur Lob. „Gerade in der aktuellen Zeit findet man viele solcher Kommentare im Internet...“ Auch stilistisch haben Xirow nicht gerade den Weg des geringsten Widerstands gewählt. Der Mix aus progressivem Rock und reinem Pop ist an der ein oder anderen Stelle angeeckt.

2017 wird es sehr ruhig um Xirow. Sehr viele Konzerte hatten sie bis dato nicht gespielt und trotzdem hörte man von da an nur noch sehr wenig. Die vermeintliche Pause ist aber eben genau das nicht, sondern ein kreativer Prozess. So macht sich die Band ans Songwriting und fährt alle weiteren Prozesse runter. „Wir hatten unsere Songs auch in gewisser Weise totgespielt, was natürlich kein gutes Zeichen war.“ So kommt es zur ersten radikalen Änderung in der Bandgeschichte, die gar nicht so radikal vollzogen wird. Es ist vielmehr eine rasche, logische Entscheidung. Von nun an singen Xirow nicht mehr auf Englisch, sondern auf Deutsch.  Tom hatte früher immer als Kritikpunkt, dass er nicht wirklich viel Gefühl in das legen kann, was er da singt. Einfach, weil es nicht seine Muttersprache ist und er/wir nicht so gut mit der Sprache spielen konnten, wie man es eben kann, wenn man die Sprache von Kindesbeinen an spricht."

Es ist Xirow hoch anzurechnen, wie unaufgeregt sie diesen Umbruch durchgezogen haben. Andere Bands wären an einer solchen Problematik kaputt gegangen, doch Xirow machen daraus keine große Sache, streichen einfach alle englischen Songs aus dem Set und erstellen ein komplett neues in deutscher Sprache. Ich kann mich erinnern. Als wir 2013 oder 2014 angefangen haben live zu spielen, sind die Leute auf uns zugegangen und meinten :'Hey, warum singt ihr eigentlich nicht auf Deutsch?'. Mittlerweile habe ich von vielen Leuten gehört, die deutsche Sprache würde uns sehr gut stehen, andere wiederum fragen, warum wir nicht englisch singen. Da ist dann eigentlich immer die Antwort, dass wir das schon probiert haben und wir uns so wohler fühlen

Mit der Single „Berg Auf“ kommt 2019 das Comeback und es hatte für die Hörerschaft mehrere Überraschungen. Nicht nur, dass es auf Deutsch war, auch der Sound hatte sich verändert. Die Stimmung wurde etwas düsterer, der Sound härter. Stilistisch bewegte sich die „Visions“-EP noch sehr zwischen progressivem Rock und Pop, wobei sich Songs wie „Surround The Echo“ ziemlich frei von Rockeinflüssen machten. Doch in den neuen Singles „Berg auf“ und „Herz in der Brust“ bleibt der Synthie-Einfluss der EP beinahe vollständig draußen, Xirow setzen jetzt auf komplexere Gitarrenmusik. Und auch lyrisch merkt man eine Steigerung, die Botschaften werden direkter vermittelt und erinnern in ihrer partiellen Verzweiflung an die frühen Werke von Heisskalt. Auch musikalisch erinnern Xirow etwas an die Band um Frontmann Matze Bloech. Allerdings ist da immer der latente Pop-Unterton, in seiner Melancholie lehnt er ein wenig an The Cure an. Dazu passt die Story, die im Video von “Berg auf“ gezeigt wird. Eine resignierende Frau, die die Kraft zum Weitermachen in sich selbst findet. “Ich würde sagen, wir sind etwas aus der Popschiene herausgegangen und wieder mehr Richtung Alternative. Die poppigen Sequenzen sind natürlich immer noch vorhanden, in einzelnen Songs besonders, aber es fühlt sich alles in allem besser an als vorher.“

Mit dem Wandel gibt es auch die ersten Besetzungswechsel. Der Bassist verlässt die Band und so kann sich Drummer Lui den Wunsch erfüllen, mal zu einem anderen Instrument zu greifen. Lui wird der neue Bassist und der damalige Mercher Jonas wird zum Schlagzeuger befördert. Und so ist die Band auch sehr glücklich. Doch Lui fährt nicht nur instrumental zweigleisig, er ist auch bei einer weiteren Band aktiv. Er ist Techniker bei Eskalation und seit 2017 mit der Band unterwegs.  Seitdem ist Eskalation meine zweite Band und die Jungs und Mädels sind wie eine Familie für mich. Da war es dann auch unausweichlich, dass sich Xirow und Eskalation irgendwann mal über den Weg laufen und eventuell auch das eine oder andere alkoholische Getränk zu sich nehmen.

So war Lui direkt bei der Gründung des Labels „Schall und Rausch“ am Start und war kurz darauf zusammen mit Eskalation-Bassist Andi Geschäftsführer. Und da war es selbstverständlich, dass auch Xirow darin einen Platz finden würden. Eins hat sich nach wie vor nicht geändert: Es wird so viel wie möglich selbst gemacht, inzwischen auch die Produktion der Songs. Aufnahmen und Mischen wird Band-intern erledigt, lediglich das Mastering geschieht außer Haus. Auch die Grafiken werden intern gestaltet, dabei ist Gitarrist Manu federführend.

Xirow haben mit dem kleinen Comeback die Feuertaufe bestanden und werden das Jahr musikalisch im Rahmen des von Album der Woche präsentierten „Schall und Rausch“-Festivals begießen. Und dann geht es in 2020 weiter. Wie, weiß die Band selbst noch nicht genau. Songs sind da, aber ob daraus Singles, eine EP oder gar das langersehnte Album entsteht, wird man sehen. Denn da ist ja noch dieses ätzende Ding neben der Musik: die Arbeit.