“Was zum Fick bin ich hörend?!” - Die kreativen Ergüsse der AdW-Redaktion

Seit fünf Jahren fabrizieren ein paar leidenschaftliche Musikfans unter dem Decknamen “Album der Woche” die aberwitzigsten Vergleiche, Wortklaubereien und pseudointellektuelle Sizierversuche. Hier eine Zusammenstellung der adipösesten Lels aus fünf Jahren Fanzine-Schreiberei.

Alle auf Eine:n — Best of Kreuzverhör

In der allseits beliebten Kolumne “Im Kreuzverhör” geben sich in 29 Ausgaben die Randerscheinungen der redaktionellen Musikgeschmäcker die Klinken in die Hand. Das führt zu viel Verwunderung seitens der mitwirkenden Nörgler:innen und einer Menge Amüsement der Lesenden. Abgründe aus Gabba-Techno und “Weißen-Reggae” taten sich auf, während andere sich mit Beiträgen aus Instrumental-Jazz oder Avantgarde zu profilieren versuchten. Solche Angebereien wurden stets erkannt und abgestraft, was sich in allerhand absurden Rezeptionen äußerte.

Hi!-Spencer-Frontmann Sven Bensmann gab sich in der elften Ausgabe zu Sean Paul’s “The Trinity” die Ehre, und verstand es sehr gut, seiner Abneigung Ausdruck zu verleihen: “Das hier hört man sich höchstens an, wenn man überzeugt ist: „Ich bin der geilste Ficker des Orbits!“ Viel Spaß dem, der das mag und Gnade dem, der das hören muss. „I got the right temperature for turning this shit off.“ – Sven Bensmann, hätte lieber was von den Ärzten gehört…”

Eine wahre Goldgrube für zynische Abneigungsausdrücke bietet die Kreuzverhör-Ausgabe zur Münsteraner Reggae-Band Dreadnut Inc. Was für Joe schlichtweg “zu viele Blasinstrumente” sind, wird von Felix eher in schwedischen Möbelhausketten verortet: “Wäre „First Drop“ ein Gegenstand, wäre es ein Kallax-Regal: Klare Struktur, solides Äußeres, aber auch irgendwie steif.” Die Goldmedaille für Kreativität muss aber an Gastautor Ficki Leandros von Kochkraft durch KMA gehen. Wie nicht anders zu erwarten, zauberte der einen derart befremdlichen und unfassbar witzigen Beitrag aus dem Hut, dass man sich am besten das Ganze Kreuzverhör noch einmal durchlesen sollte.

Im Kreuzverhör treffen immer wieder geschmacksverirrte Platten auf anders geschmacksverirrte Redakteur:innen. Die Nominierung von Avantasia veranlasste beispielsweise Felix zu einer weit ausholenden Generalschelle an so manche Musikrichtung der schrillen prä-Grunge-Ära: “Ich konnte nie etwas mit van Halen anfangen, halte Rock-Opern für die elfte biblische Plage und bin heilfroh darüber, dass der Hair-Metal mitsamt dem kitschigen Rumgepose bereits vor meiner Geburt von Kurt Cobain und seinen Mannen unter die Erde gebracht wurde, dahin wo er hingehört: Ganz. Weit. Unten.”

Ein heikles Thema war auch die viel gehasste “St. Anger” Platte von Metallica, die für Internetverhältnisse im Kreuzverhör noch recht glimpflich davon kam. “Dies reicht zwar am Ende nicht für den Status eines Klassikers, doch auch Tupperware hat ihre Vorzüge,” gehört wohl zum Nettesten, was online jemals über diese Platte gesagt wurde. Der Autor dieses Vergleichs ist Marco Kampe, der sich in späteren Ausgaben ähnlich kreativ mit der Entstehungsgeschichte des Albums “Bottomless Pit” von Death Grips auseinandersetzte: “Mit dem nötigen Abstand beschleicht einen das Gefühl, dass Macklemore und Snoop Dogg einen ernstzunehmenden Drogentrip durchleben und es für eine gute Idee halten, das Tonband parallel laufen zu lassen.”

Graubrot und andere Genussmittel — Die köstlichsten Vergleiche aus fünf Jahren ohne Erfolgsrezept

Dass Jakob mit seiner - sagen wir mal “gut gewürzten” - Rezension der zweiten Drangsal-Platte den namensgebenden Streithahn in Richtung Album-der-Woche lockte, dürfte aufmerksamen Fanzineleser:innen (oder aufmerksamen Drangsal-Fanboys ‘n Girls) nicht entgangen sein. Der erste und hoffentlich nicht letzte Shitstorm des Magazins. Punchlines wie “Das zweite Drangsal-Album enthält teilweise Songs, die selbst Oldie 95 zu peinlich wären” oder “Man könnte nun argumentieren, dass „Zores“ wenigstens etwas zurückholt, was wirklich lang keiner gemacht hat, aber das verschimmelte, dreißig Jahre im Vorratsschrank vergessene Graubrot will ja nun auch wirklich keiner haben,” beweisen allen Kritiker:innen, dass wir im Gegensatz zur Kommerzpresse bis heute unsere Edgyness bewahrt haben. Dass Jakob seine Verisse scheinbar immer unter großer Hungersnot schreibt, beweist auch der “musikgewordene Big Vegan TS”, von dessen Konsum er in seiner Rezension der jüngsten Eskimo-Callboy-Platte vehement abrät. Untermauert wird die Empfehlung von Vergleichen mit Alufolie auf Zahnkronen und wunderschön bildlichen Beschreibungen wie “Trancecore-Gülle”. Lecker.

Durchgenudelte Lebensmittelallegorien sind allerdings kein Alleinstellungsmerkmal des werten Chefredakteurs, wie die ultimative Ausreizung der Backmetapher in der Review zum aktuellen The-Hirsch-Effekt-Album “Kollaps” beweist. Ebenfalls beschrieb yours truly noch in diesem Jahr die Stimme der Friends-of-Gas-Sängerin Nina wie folgt: “Worte, so heiser, man möchte ihr ein Salbeibonbon anbieten, bevor man nach der Bedeutung fragt.” Zeuge des unstillbaren Appetits der Redaktion sind auch Überschriften wie “Tortellini-Augen” (Felix zu Curly’s “Ohaa”), “Gerührt und geschüttelt bitte” (Joe über 385North und “Cocktail”) oder Mertens grandioses “Nicht mehr nur Disco und Pommes” (über Chiefland und “Wildflowers”)

Abseits der großen Bühne — wenn Möchtegernkritiker:innen unter sich sind

Wortkompositionen, die es nicht durch den Filter der Veröffentlichung auf die Website schaffen, werden meist im redaktionsinternen Telegram-Channel (Ja, wir haben das schon benutzt, bevor es cool war. Take that, Attila!) gnadenlos und viel zu ausdauernd breitgetreten. Bestes Beispiel dafür ist die während des AdW-Treffens in Hannover von Joe und Meret erfundenen Tradition, alle “ei”-Laute durch “oi” zu ersetzen. Die Moinungen der Redaktion zu diesem Thema gehen ausoinander, allerdings gebar diese (Schnaps-)Idee auch ein einzigartiges Stickerset, dass mittlerweile fester Bestandteil der Chat-Konversationen geworden ist. Bei der Diskussion um einen eigenen öffentlichen Telegram-Kanal für Album-der-Woche schlug Jannika schließlich den Namen “AdWACHT AUF!” vor, was zu sofortigen Verwerfung dieser Idee führte. Zum Abschluss dieser Artikel gewordenen Selbst-Diskreditierung hier nun noch ein paar Perlen aus dem Redaktionschat:

 

„KAMPE du Bratwurstlauchling, beweg dein Gesäß ins Bureau oder es hackt hackigsten Rezisalat jede Woche fünf plus Stubenarrest plus Sozialarbeitsstunden im Café Mäuserich da kannst du dann sehen wie viel Seife die Knastis dir droppen!“ – Merten, der selbst gar nicht am AdW-Treffen teilnimmt, aber Marco unbedingt mitteilen muss, dass er schnellstmöglich zum gemeinsamen Teamfrühstück kommen soll.

„Wäre er ein Gewürz, wäre er Mehl.“ – Jan, der den Schlagersänger Sandy Wagner eher wenig edgy findet.

„Ich bin von Donnerstag bis Sonntag betrunken und nur eingeschränkt erreichbar.“ – Lucio, der weiß, wie man formgerecht eine Urlaubsnotiz einreicht.

„Jo, wenn man nen fähigen Basser hat, levelt die Band doch automatisch zur Postpunk-Band auf.“ – Lucio, Doktor in Musikwissenschaft.

Wir hoffen inständig, dass unsere Leserschaft angesichts dieser Blödeleien nicht schreiend in Richtung der etablierten Systemmedienmagazine rennt. In diesem Sinne, auf die nächsten Fünf!