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Liebesgrüße aus dem Internet: Die schönsten Hate-Nachrichten aus 5 Jahren Album-der-Woche

Wir schätzen unsere Community ja sehr für ihren Support und ihre meist wirklich angenehm-positiven Rückmeldungen auf unsere Arbeit. Und doch hat man manchmal das Gefühl, erst so richtig relevanten Journalismus zu betreiben, wenn einem die Kommentatoren am liebsten die Profession aberkennen wollen. In diesem Sinne: Hier eine Auswahl unseres Lieblingsfeedbacks aus fünf Jahren Album-der-Woche.
Unangebrachtes Wort

Es ist dabei durchaus eine Notiz wert, dass in vielen Fällen genau der Autor der hier vorliegenden Artikels Ziel verbalen Hasses wurde - so etwa im August 2019, als eine Facebook-Kommentatorin eine tendenziös eher negative, aber durchaus diplomatische Rezension zum neuen 8kids-Album mit den folgenden Worten konnotierte: "Dieses Review ist definitiv der größte Bullshit, den ich diese Woche gelesen habe." 

Unser erstes wirklich bemerkenswertes Negativ-Feedback bekamen wir allerdings bereits viel früher und nicht via Social Media, sondern geradezu klassisch via Mail (auf unsere ersten postalischen Fan-Grüße warten wir übrigens noch). Moritz hatte damals zum Debütalbum der deutschen Trap-Queen Haiyti eine ziemlich abschätzige Meinung übrig und wendete sich damit nicht nur gegen die Allgemeinheit, sondern auch gegen das journalistische Feuilleton, das in der Platte bisweilen sogar eine "Pop-Revolution" sah. Diese Kontroverse bemerkte auch ein Leser in seiner Fanpost, der daraufhin sarkastisch anmerkte: "Und klar, Udo Lindenberg hat bestimmt keine Ahnung, so wie die anderen Nichtskönner von Juice oder Laut.de oder ZEIT." Nach dieser vergleichsweise noch harmlosen Hinterfragung von Moritz' Kompetenz wurden dann allerdings deutlich perfidere Einschüchterungsmethoden gewählt: "Das neue Album finde ich MEGA. Moritz findet, es ist nicht mal 2 Punkte wert. Oder Moritz hat einfach nur sehr viel Mut [...] angesichts dessen, dass ihr Vater wirklich Gangsterboss in Jugoslawien war und bestimmt derbe sauer wird, wenn er die 'kindische' Kritik von Moritz lesen muss." Um zu unterstreichen, dass Moritz möglicherweise bald einen abgetrennten Pferdekopf unter seiner Bettdecke vorfinden könnte, schickte er anschließend noch einen Link zu einer Jugendvereinsseite mit, in der Moritz tätig war. Von bösen Überraschungen vor Ort hat unser nach wie vor quicklebendiges Redaktionsmitglied uns allerdings nie berichtet.

Bezüglich der Hassnachrichten blieb es allerdings in den meisten Fällen (zum Glück?) bei solchen Einzelfällen - wenn man von einer Shitstorm-Welle absieht, die wohl für immer in den Annalen von Album-der-Woche erinnert werden wird. Unsere Rezension zum Drangsal-Zweitling "Zores" löste damals vor allem mit ihrer sehr bildhaften Metapher über verschimmeltes Graubrot beim Künstler selbst so viel Amüsement aus, dass er einen Screenshot der Wertung auf seinen Social-Media-Kanälen teilte. Es folgte eine beispiellose Flut grandioser Kommentare inklusive der stilvollen Nachricht im Titelbild dieses Artikels, die mir ein Nutzer auf meinem privaten (!) Instagram-Profil zukommen ließ. Ein paar der etwas galanter formulierten Beiträge zum Drangsal-Artikel lauteten aber wie folgt:

- "Beim Lesen drängt sich mir sofort das Bild eines nörgeligen, frustrierten, tendenziell eher männlichen Rezensenten auf, der in seinem Leben viel zu wenig lieb gehabt wurde und wird. Mitleiderweckend. Mit Verlaub."

"Von wem ist die Rezension? Campino?" (Kommentar darunter: "nee Christina Stürmer")

- "Kann ich so gar nicht nachvollziehen, was der derjenige da schreibt. Ich gebe dem Autor aber einen süßen Hundestempel auf die Hand, aufgrund der kreativen Ausdrucksweise."

- "Das Graubrot hat aber nach den 3 Jahrzehnten bestimmt ordentlich Charakter."

"Verschimmeltes Brot ist ein Heilmittel, das wussten schon die Dinos!"

Einiges an Gegenliebe gab es auch für unsere - zugegebenermaßen ziemlich derbe - Review zur Eskimo-Callboy-Platte "Rehab". Wohl um sich vom drastischen Ton der Kritik zu emanzipieren, schrieb so ein Kommentator etwa sehr stilbewusst: "Sehr geehrter Herr Uhlig, die von Ihnen vorgelegte Rezension ist eine der dümmsten und polemischsten, die ich je gehört habe. Statt sachlicher Kritik scheint man hier den Wutausbruch eines Teenagers zu verfolgen. Ich wünsche Ihnen eine baldige und erfolgreiche Genesung!" Etwas weniger förmlich antwortete ein anderer Kommentar, der hier stellvertretend für einen immerwährenden Vorwurf stehen soll, den man als Journalist (ausschließlich!) bei negativen Kritiken immer wieder bekommt - nämlich der, das man nicht "neutral" urteilen würde: "Ich habe noch nie einen so unnötigen Beitrag zu einem meiner Meinung nach gut gelungenen Album einer Top-Band gehört. Ich war hier eigentlich nur auf der Suche nach einer sachlichen Bewertung des Albums, der Verfasser dieses Textes scheint aber anscheinend einfach einen persönlichen Hass auf die Band Eskimo Callboy zu hegen und steht nicht auf neutraler Ebene." Der Kommentar schließt mit einer durchaus überlegenswerten Anregung: "Man könnte überlegen, diese Seite vom, in der Hinsicht, dass das Album hier eher als stupides, blödes Album dargestellt wird, unpassenden Namen 'Album der Woche' auf 'Ich lasse hier auf dieser Seite meine Wut der letzten Arbeitswoche einfach raus' [zu ändern]."

Wir danken für euer Feedback und freuen uns auf weitere grandiose Jahre mit euch! Euer Ich-lasse-hier-auf-dieser-Seite-meine-Wut-der-letzten-Arbeitswoche-einfach-raus-Fanzine.