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Weezer und „Weezer“ (Teal Album): Retro in spät

Mitten in den Mix aus Vorfreude und Angst auf das bevorstehende „Black Album“ von Weezer, kommen die Mannen um Frontmann Rivers Cuomo plötzlich und ohne Vorwarnung mit ihrem nach sich benannten Album, dem „Teal Album“ um die Ecke. Eine Platte voller Coverversionen. Und bevor die Frage auch nur aufkommt: Ja, das brauchen wir.

Die ersten Recherche-Stunden nach dem überraschenden digitalen Release erzeugen großes Lachen. Mit ihrem letzten Release „Pacific Daydream“ sind Weezer 2019 für einen Grammy in der Kategorie „Bestes Rock-Album“ nominiert. Erster Lacher. Zweiter Lacher war das Lesen der Voraussetzung für die Nominierung: Für Alben, bei denen mindestens 51% der Spielzeit Rock, Hard Rock oder Metal sind. In Anbetracht der Nominierung von Fall Out Boys „M A N I A“ ist der Lachanfall perfekt.

Doch jetzt legt das Quartett ein ganz anderes Album vor, das buchstäblich aus dem Nichts kommt. Zu hören sind Coverversionen, überwiegend aus den 80ern, aber auch ein wenig 60er, 70er und 90er. Den Anfang macht ein alter Bekannter. Nach Petitionen und Bitten auf Weezers sozialen Medien, „They finally blessed the rain down in Africa“. Die langerwartete Coverversion von Totos „Africa“ übertraf die Erwartungen und stimmte die Fans über alle Maßen glücklich. Und das zu Recht, die Version entfernte sich nur minimal vom Original, erhielt dafür aber eine Weezer-Signatur. Das ist nichts Außergewöhnliches, aber doch sehr unterhaltsam.

Die Version von Eurythmics „Sweet Dreams (Are Made Of This)“ ergibt sich hingegen einer gewissen Sinnlosigkeit. Die Tatsache, dass Original wie Cover auf vorgearbeitete, elektronische Beats setzen, macht aus der Weezer-Version nicht mehr als Karaoke von Cuomo. Dessen Stimme ist und bleibt aber Qualitätsmerkmal. „Take On Me“ verkörpert die 80er wie kaum ein anderer Song. Punk und Metalbands wie Reel Big Fish oder auch die Emil Bulls haben sich dem Stück angenähert, ihm aber immer etwas seiner Leichtigkeit beraubt. Das machen Weezer auch, aber auf eine wirklich bezaubernde Weise. Sie entschleunigen das Lied, setzen eine neue Piano- und Synthie-Line ein und geben den Drums etwas mehr Raum. Dass Rivers Cuomo auch ohne in de Kopfstimme zu rutschen ziemlich hoch singen kann ist bekannt, und so wartet man in „Take On Me“ wann es passiert. Auch hier überrascht er wieder.

Der größte Hit der Turtles liegt schon knapp 52 Jahre zurück. Aber auch heute findet man „Happy Together“ noch in Filmen. Offiziell ist der Song bis zum heutigen Tag in 63 Film-Soundtracks zu finden und in 17 amerikanischen Serienproduktionen. Die Interpretation von Weezer ist schlichtweg sensationell.  Sie fängt den Geist der 60er perfekt ein und perfektioniert den Wechsel von Moll in der Strophe in Dur im Refrain. Die Strophe ist noch sehr eng am Original, während sich Weezer, im speziellen Drummer Patrick Wilson, selbst Raum geben, um die Instrumentals und besonders das Schlagzeug etwas ausschweifender zu gestalten.

Wer die Tracklist durchliest wird von zwei Titeln wohl besonders überrascht werden. Einer davon ist „Paranoid“ von Black Sabbath. Aber was wird daraus gemacht? Der Song übersteigt das Maß an Härte das Weezer bisher offenbarten, nicht mal das legendär düstere „Pinkerton“ kommt an da heran. Die Band geht voll und ganz darauf ein. Bis auf die neuen Soli könnte es sich bei dieser Version auch um ein Demo von Black Sabbath handeln. Cuomos Stimme wird gepitcht, bis sie sehr nahe an der von Ozzy Osbourne ist. Ein echtes Brett.

Doch die große Sensation folgt noch! Was ist der denkbar schwerste, aber auch der am besten zu Weezer passende Michael-Jackson-Song? „Billie Jean“. Nun gäbe es an diesen Track verschiedene Herangehensweisen. Entweder man macht es wie die meisten und versucht einfach stumpf, den Gesangsstil von Jackson zu kopieren, was einfach nur schief gehen kann. Weezer hingegen knallen einen Synthie-Beat auf den Plattenteller und lassen Rivers Cuomo Rivers Cuomo sein, und es klingt fantastisch. Nicht nur, weil die Melodie von Billie Jean so auch von Weezer sein könnte, sondern auch, weil das daraus Entstehende einfach großartig ist – auch durch den neuen Beigeschmack, den der Song bekommt, wenn ihn der König der Nerds singt. Ein Schlag ins Gesicht, doch er tut nicht weh, er ist einfach nur der Wahnsinn! Den gemütlichen Abschluss gibt es dann mit Ben E. Kings Meisterwerk „Stand By Me“. Ein totgespielter Klassiker, dem Weezer durch ein Quäntchen Härte wieder ein modernes Gewand verleihen. Das unterscheidet diese Variante maßgeblich von Pennywises etwas plumpen, wenn auch starken Punkversion. Aber das hier ist absolut kein Punk. Einfach nur gelungener Rock.

„Punk goes Pop“ Volume eins bis hundert Millionen schön und gut, doch „The Teal Album“ behält in jeder Sekunde das Herz und die Seele eines jeden Tracks. Weezer machen Songs, die bis ins Unerträgliche todgespielt wurden wieder hörens- und liebenswert. Vielen Dank für diese Platte.

Fazit

8.1
Wertung

Aus dem Nichts kommt da wieder mal buntes Album von Weezer und flasht total. Dieses Album ist eine ausgestreckte Hand und ich bin mehr als gerne bereit, sie zu ergreifen. Versaut es euch mit dem Black Album aber nicht sofort wieder!

Moritz Zelkowicz