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Triggerfinger und "Colossus" - Experiment fehlgeschlagen

Triggerfinger eilt angeblich der Ruf voraus, die lauteste Band Antwerpens zu sein. Das ist recht zweifelhaft. Die Meisten, die die drei Belgier irgendwoher kennen, dürften das durch die überaus gelungene Akustikversion zu Lykke Lis „I Follow Rivers“ tun. Das war bisher der größte Erfolg, an den man bislang nicht anschließen konnte. Auch das neue Werk „Colossus“ wird an dieser Mammutaufgabe scheitern.
Triggerfinger Colossus Cover

Der Titeltrack „Colossus“ beginnt, nennen wir es, interessant. Verzerrte Stimmen, Synthie-Lines, ein weiterer Bass statt der Gitarre. Kann man durchaus was draus machen, der psychedelische Touch der dadurch entsteht hat auch etwas, allerdings dauert das Ganze einfach zu lange und geht einem nach drei Minuten nur noch auf die Nerven. Auch wenn zu diesem Zeitpunkt endlich die Höhen etwas raus und der Bass höher gedreht wird. „Flesh Tight“ war die erste Singleauskopplung des Albums und machte schon beim ersten Mal hören Lust auf mehr. Auch hier ist wieder die Stimme verzehrt, die Gitarre ist aber diesmal mit dabei. Durch die Schlagzeugline und das durchweg angenehme Tempo lädt der Song auch zum Tanzen ein. Und der Track macht genau das richtig was sein Vorgänger verbockt hat: Er hört auf, bevor er ätzend wird. „Afterglow“ beginnt wie ein kleines Versprechen. Zwanzig Sekunden nichts, dann die akustische Gitarre, zusammen mit der später einsetzenden Synthie-Line kombiniert sich alles zu einem wunderbaren Indie-Sound. Von der lautesten Band Antwerpens ist hier nicht mehr viel übrig, aber alles klingt stimmig und passt vielleicht besser zur Band als ihr sonstiger Stil.

In diese Richtung weist auch „That'll Be The Day“. Die kraftvolle Bassline führt durch die Strophen und den Refrain. Zum Ende des Refrains driftet alles allerdings vollständig vom Kurs ab, und es entsteht ein experimenteller Sound, der so derb abweicht, dass er auf einer professionellen Platte nichts verloren haben sollte. Auch „Bring Me Back A Live Wild One“ kann sich selbst nicht tragen. Alles beginnt mit einem sehr Old School klingenden Gitarrenriff und im Großen und Ganzen ist es ein wirklich cooler Rock-Song - der allerdings am PC komplett zerstört wurde. Effekte und Computersounds machen den Song schlichtweg kaputt. Und leider ist das noch nicht das Highlight der geschmacklichen Verirrungen.

Was immer bei „Steady Me“ verfolgt wurde, es kann nichts Positives gewesen sein. Das liebliche Gitarrenintro wird durch eine Art Dubstep-Beat mit Schlagzeuguntermalung unterbrochen. Irgendwann setzt der Sänger dann ein, weder trifft er den Rhythmus, noch ist klar, woran er sich gesanglich orientiert. Zwischendurch setzt der der Beat für einen fragwürdigen Refrain aus, in dem plötzlich wieder zu akustischer Gitarre gesungen wird. Irgendwann beginnt dann noch wer in dem Gewusel zu pfeifen, man erahnt irgendwo ein Saxophon und dann ist dieses, was auch immer, endlich vorbei. Allerdings muss man noch einen Song über sich ergehen lassen. So war zumindest mein Gedanke als „Steady Me“ verklungen war. Leider weiß ich nicht, was man studiert haben muss, um „Wollensak Walk“ zu verstehen. Ein seichter Schlagzeugrhythmus, leise Bassline, sanfte, verzerrte Gitarrenriffs, alles ganz ruhig gehalten. Langsamer Wechsel von Moll auf Dur. Dann bricht plötzlich mittendrin alles ab. 15 Sekunden Stille. Es beginnt ein Rock-Song im Stile der 60er Jahre, wäre da nicht zwischendurch diese Hook, die klingt, als versuche jemand eine Melodie auf einer Feuerwehrsirene zu spielen. Ein absolut abstruses Konvolut.

Triggerfinger basteln ein im Grunde passables Album, nur muss da in der Nachbearbeitung ein kleines Kind ohne Aufsicht am Werk gewesen sein. Was von der Platte bleibt, ist absolut ernüchternd.

Fazit

3.9
Wertung

Ein interessantes Album, dass durchaus Potenzial gehabt hätte, hätte man mehr auf Computereffekte verzichtet. Und wenn man auf „Steady Me“ und „Wollensak Walk“ verzichtet hätte. Dann sähe die Bewertung auch ganz, ganz anders aus.

Moritz Zelkowicz
8.2
Wertung

Es ist unglaublich, wie Triggerfinger so viele unterschiedliche Stile miteinander vereinen und sich in meinen Augen immer noch Hard Rock nennen dürfen. "Colossus" stellt wieder einmal heraus, was für Virtuosen die drei Typen sind.

Daniel Hientzsch