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Thrash-Metal vom Feinsten: Straightline mit "Vanishing Values"

Die Welt ist im Wandel! Ein völlig stumpfsinniger erster Satz, der aber leider den aktuellen Zeitgeist gut einfängt. Nicht nur in der Politik, sondern auch in der Musik. Wenn nicht gerade Metallica ein neues Album auf den Markt wirft, hört man nicht viel neuen Thrash Metal. Dabei ist das Genre immer noch sehr gefragt, es fehlen nur die jungen, unverbrauchten, neuen Gesichter. Und da kommen Straightline ins Spiel: Mit ihrem neuen Album „Vanishing Values“ entstauben sie ein in die Jahre gekommenes Genre mit neuen Tönen.

Mit „Generation Lost“ knallt der Opener direkt erbarmungslos auf den Hörer ein. Ein hartes Riff, schnelle Drums, ein langer Schrei, es klingt wie ein Metalrelikt aus den achtziger Jahren. Deutlich hört man hier die Ursprünge des Metalsounds, in den sich etwas Punk hinein schleicht. Veteranen wie D.R.I., Suicidal Tendencies oder Attidude Adjustment können einem in den Sinn kommen. Sie versuchten das, was Straightline hier exzellent umsetzen: Der Übergang vom Punkrock zum Thrash Metal. Wie auch die zuvor genannten Bands begannen „Straightline“ als Punkband und entwickelten ihren Stil weiter, indem sie neue Pfade einschlugen. Allerdings nicht wie die Veteranen, die damals mehr einem Trend folgten, denn es waren die späten 1980er Jahre und Bands wie Metallica und Slayer machten den Thrash Metal groß. Ist es in den ersten Tracks noch der Metalsound, der überwiegt, geht es in „Unfinished Story“ einen Schritt zurück zum Punk. Eine melodische Punkhymne, die so aus der Feder von Pennywise stammen könnte. Herrlich vorgetragen, besonders die schnarrende akustische Gitarre im Intro, einfach wunderbar Old School.

Mit „Off We Go“ gelingt sogar ein mehrheits-, vielleicht sogar radiotauglicher Song. Das klingt vielleicht nach einem Manko, ist es aber keineswegs. Schnelle Riffs, ein bisschen Punk, ein bisschen Thrash. Das macht den vielseitigen und vollkommen eigenen Sound aus und bereitet dem Hörer einfach Spaß. Das zieht sich durch das Album, bis „Take your Time“ beginnt. Eine stahlbesaitete Gitarre ertönt gemütlich und erfüllt zusammen mit der rauen Stimme von Sänger Bart des Hörers Ohr mit einem warmen Song. Ein Song, der dir die Hand auf die Schulter legt und sagt: „Wird schon wieder“. Und wie schon auf dem ganzen Album fabrizieren sie ein unglaubliches Gitarrenspiel und präsentieren hier ein kurzes Akustiksolo, dass Kyle Gass kaum besser spielen könnte. Für den letzten Track müssen wir aber nochmal einmal in zurückgehen, und zwar 42 Jahre, in das Jahr 1975. Das Jahr in dem „Pink Floyd“ das vielleicht wichtigste musikalische Werk seit Beethovens Neunter produzierte: „Wish You Were Here“. „Welcome To The Machine“, das zweite Stück des Albums, ein musikalisches Fanal aus Synthesizer, Gitarre und Gesang. Diesem Stück nehmen sich Straightline an. Was sie dabei hinterlassen ist nicht weniger als ein Inferno. Sie starten ruhig in den Track und man erwartet ein durchaus härteres, aber doch stark nach dem Original gehendes Stück, doch das kommt nicht. Brachial brechen Drums, Gitarre und Gesang herein, geben dem von Haus aus düsteren Song eine neue und noch viel dunklere Bedeutung. Das lange Zwischenspiel bietet zudem eine willkommene Plattform für ein fantastisches Solo. Wieder und wieder bricht der Refrain herein, bis das Schlagzeug aussetzt und nur noch die Gitarre eine Minute lang das Mainriff spielt, das ganz, ganz langsam ausfaded, bis der Track, und damit das Album verstummt.

Straighline kombinieren Punk Und Thrash wie es vor ihnen noch keiner Band gelungen ist. Sie trauen sich auf „Vanishing Values“ an das eingestaubte Genre und kreieren einen neuen, vollkommen ausgereiften Sound, der einlädt die Anlage voll aufzudrehen.