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Stereo Dynamite und "By(e) Default": Gewohnt ungewohnt

Sich bedanken, mal Nein sagen, es sind die kleinen Dinge und Gesten, die einen roten Strich durch den strikt getakteten Alltag ziehen. Dieser Kategorie ist die neue EP „By(e) Default“ von Stereo Dynamite. Die EP ist das perfekte Beispiel, mit kleinen Gesten, großes bewirken.
Stereo Dynamite Bye Default Cover

Der EP-Titel zeigt es auch hervorragend. Ein einziger Buchstabe hinzugefügt und die Bedeutung ist komplett gedreht. Von „By Default“ zu „Bye Default“, tschüss Standard. Was damit gemeint ist, darüber kann nur spekuliert werden. Denn das standardmäßige an Stereo Dynamite auf dieser EP ist ihr Sound, sie sind sich selber treu geblieben und frönen ihrem etwas verrückten Mix aus Punk, Hardcore und stellenweise auch etwas Indie. Dieser Sound ist ansonsten kein bisschen Standard. „Blackout Routine“ macht das von Beginn an klar. Stark verzerrte Riffs, laut scheppernde Drums, untermalt mit einer Melodie, die aufs erste Hören so gar nicht in das Gesamtbild passen möchte, aber spätestens zum Einsetzen des Refrains wieder Sinn ergibt und sich als Leitmelodie des Refrains entpuppt. Und schon zieht man den Hut, ob dieses Einfallsreichtums. So hat sich mir noch kein Ohrwurm festgesetzt.

Wo Hardcore ist, da ist Christoph von Freydorf ein gern gesehener Feature-Gast. So leiht der Frontmann der Emil Bulls dem Song „Judge Us“ seine markante Stimme. Ein Song der so auch aus der Feder der Bulls stammen könnte. Betonung auf „könnte“, denn Stereo Dynamite schaffen es mit ihrem Stil, der ganzen Kiste ihren eigenen Stempel aufzudrücken. Ruhe und Krawall sind in dem Track gut aufeinander abgestimmt, wo es bei den Bulls meist entweder Ruhe oder Krawall heißt.

In „End Of Our King“ hat das Freiburger Quartett eines der beiden absoluten Meisterstücke der noch relativ jungen Bandgeschichte abgeliefert. Mit den zusätzlichen Indie-Elementen, wie zum Beispiel das stellenweise abgespeckte Schlagzeug und die klarer artikulierten Leitriffs, entsteht eine zusätzliche Ruhe, die sich mit auf die harten Parts legt und einen selten dagewesenen Mix kreiert. In „Obey“ wird dieser noch perfektioniert. Wo Bands wie die Österreicher von Cannonball Ride mit Songs wie „Smoke And Mirrors“ ziemlich lächerlich gescheitert sind, nämlich in einem harten Genre einen harten Song zu schreiben, der aber trotzdem etwas Entspanntes in sich trägt, brillieren Stereo Dynamite. Was sie noch in „End Of Our King“ sehr gut und richtig gemacht haben, machen sie in „Obey“ beinahe perfekt. Und das nur durch einen winzigen Schritt. Es wird einfach nur beim Gesang passagenweise etwas mehr auf Melodie geachtet, ohne dass dabei aber bei den härteren Parts etwas verloren gehen würde. Ein runder Abschluss.

Der Sound von Stereo Dynamite weiß im Studio zu begeistern und macht wirklich Lust darauf, die ganze Schose live zu sehen. Um in einen Mix aus Punk und Hardcore noch Indie-Elemente zu verbauen, bedarf es an Mut. Für diesen belohnen sich Stereo Dynamite selbst.

Fazit

7.8
Wertung

Ein Album, keine EP, da brauch ich einfach mehr von.

Moritz Zelkowicz