Sondaschule und „Lost Tapes 2“: Zu schade zum Verstauben

Die Ska-Punker aus dem Ruhrgebiet nutzen die unfreiwillige Corona-Pause im Jahr 2020, um in den Archiven zu kramen. Heraus kommen zwölf verloren geglaubte Songs, die definitiv das Zeug zum eigenständigen Album hätten.

Das Prinzip von „Lost Tapes 2“ ist kein neues, immerhin haben Sondaschule es schon einmal getan und mit der ersten Ausgabe der Lost Tapes bereits 2015 umgesetzt. Besser als das Jahr 2020 kann sich wohl keine Zeit anbieten, den Nachfolger zu präsentieren. Das regulär für dieses Jahr geplante, neue Album der Band wurde aufgrund der aktuellen Umstände in den kommenden Sommer verschoben, Festival-Shows und die Tour zur neuen Platte abgesagt. Die daraus resultierende Zeit haben die Jungs um Frontmann Costa Cannabis sich zu Nutze gemacht, um „Lost Tapes 2“ aus der Taufe zu heben. Es handelt sich bei den zwölf Songs auf dem Album um Titel, die es aus verschiedenen und der Hörerschaft unbekannten und oft rätselhaften Gründen nicht auf eines der letzten Alben geschafft haben. Entstanden sind diese Lieder zwischen den Jahren 2002 und 2020.

Auf einmal ging alles ganz schnell. Auf die Ankündigung der Band folgte das erste Video zu „Vorstadtarmageddon“. Ein Track, bei dem jedem Sondaschule-Liebhaber bereits das Herz aufgeht: Laut, schnell, textlich ganz leicht unter der Gürtellinie und gespickt mit den üblichen Posaunen-Einlagen. Der Text behandelt genauso eskalatives Feiern, wie es den Fans nach der Ankündigung zumute war. Anschließend mussten die gespannt wartenden Sondaschule-Jünger nur wenige Wochen warten, um „Lost Tapes 2“ zu streamen oder in den Briefkasten gesteckt zu bekommen. Eine unerwartete Überraschung, die es aber wirklich in sich hat.

Die „Lost Tapes 2“ im Jahr 2020 behandeln einen bunten Blumenstrauß an Themen. Diese Inhalte reichen vom Ausspannen einer Frau („Dein Mädchen und ich“) über das Klarkommen im eigenen, chaotischen Leben („Stuntman“) bis hin zum veganen Metzger, der nur noch Salat isst, seit er sein Essen selbst zerlegen muss. Spannend bei einer solchen Zusammenstellung von Stücken ist, dass man hin und wieder das Gefühl zu haben scheint, dass man die Tracks einer gewissen Zeit oder sogar einem bestimmten Album zuordnen kann, das der Song dann knapp verpasst haben muss.

 

Die ganz großen Highlights der Platte sind „Schöne Grüße von Meer“, welches durch eine sofort im Ohr verankerte Melodie und einer „Man kann alles schaffen, egal was andere sagen“-Mentalität besticht, sowie der „Plan von einer besseren Welt“, der ein Bild einer wirklich erlebenswürdigen Welt zeichnet, die wohl leider ein Traum bleiben wird. Auch die beiden gefühlvollen Hymnen „Happy Birthday“ und „Mädchen in schwarz“ beinhalten vor allem bei Ersterem Emotionen, die direkt ins Herz gehen. Einzig und allein „Tadooos“ schafft einen riesigen Spagat zwischen Genie und Wahnsinn, bei dem man sich wirklich fragt, ob diese Nummer humorbehaftet grandios oder einfach nur unnötig ist. Die Antwort scheint interessanterweise bei jedem Hördurchgang zu variieren. Die gesamte Platte klingt dabei genau so, wie man es von der Sondaschule kennt und erwartet: Größtenteils laut und schnell mit einer ordentlichen Ladung Blaskapelle, aber eben zwischendurch auch wirklich emotional und ruhiger. Eine Mischung, die sich bewährt hat und weiterhin Bestand hat. Hoffentlich auch im Jahr 2021, wenn es heißt: "NEUES ALBUM, NEUE TOUR, NEUE FESTIVALS!"

Fazit

8.5
Wertung

Für Liebhaber der Sondaschüler eine absolute Bereicherung und unumgänglich! Warum diese Songs überhaupt als "LOST" galten, bleibt mir ein Rätsel.

Mark Schneider