Slash feat. Myles Kennedy & The Conspirators und „Living The Dream“: Das Beste aus allen Welten

Die Hard Rock-Genies und Dauer-Workaholics Slash und Myles Kennedy haben es wieder getan. Das dritte gemeinsame Album „Living The Dream“ macht seine Vorgänger ordentlich nass.

2016 passierte es: Guns’n’Roses kündigten ihre Reunion inklusive der selbstironisch betitelten „Not In This Lifetime“-Tour an, angelehnt an ein Statement von Axl Rose, das er auf die Frage nach einer möglichen Reunion (vor allem mit Slash) abgab: „Not In This Lifetime“. Die Freude unter den Fans der Hard Rock-Legenden war riesig; diejenigen, die inzwischen Slashs Solo-Projekt mit Myles Kennedy feierten, bangten dagegen um dessen weiteres Bestehen.

Zwischen 150 Shows in den letzten Monaten schaffte es der Ausnahme-Gitarrist dennoch genug Songs zu produzieren, die Myles Kennedy, der selbst mit Alter Bridge und Solo-Projekt unterwegs war, mit textlich ausstaffieren konnte. So ein Album zwischen Tür und Angeln kann nichts werden? Die Antwort auf diese Frage könnte Teile der Musiklandschaft verunsichern.

Die ersten Sekunden des Albums startet mit einem On-Off-Gitarren-Lick, das auch die letzten benebelten Geister wach rüttelt. „Call Of The Wild“ ist ein Opener, der alles kann, was ein Opener so können sollte: fesselnd von Beginn an und ein Vorzeige-Titel des Albums. Wer mit diesem Song warm wird, der wird das bunte, spaßige Bällebad des Hard- und Stadion-Rocks zu schätzen wissen.

Dass die Raffinesse von Slashs Gitarrenspiel sich auch durch diese Platte zieht wie ein dicker, roter Faden, sollte niemanden überraschen. Jedes Solo fügt sich willkommen in jeden Songaufbau ein, egal ob im 70s-Style in „Serve You Right“ oder im funkigen Groove von „Read Between The Lines“.

In Myles Kennedy scheint Slash nun endlich den einen Sänger gefunden zu haben, mit dem es keine Ego-Reibereien gibt. Stattdessen hat sich eine kreative Symbiose gebildet, die beide Künstler in Hochform bringen. Kennedys Texte verharren nicht in persönlicher Melancholie, wie man es zuletzt von seinem Solo-Album kannte, sondern entwickeln sich passend zum groovigen Sound allgemeiner und energiegeladen – auch in leisen Tönen von „The One You Loved Is Gone“.

Auf „Living The Dream“ stoßen mit Slashs extravaganter Lead-Gitarre und Myles Kennedys markanter Stimme zwei sehr dominante Elemente aufeinander, die von der Band The Conspirators, die sich die namentliche Nennung als Interpreten damit redlich verdient haben, wie Sekundenkleber aneinandergeheftet werden. Erst durch die starke Leistung der Band wird „Mind Your Manners“ zur voluminösen Stadion-Hymne, die wie der Rest des Albums natürlich auf höchstem Niveau produziert ist, und auf den Ohren puren Hörgenuss versprüht.

Wenn solch musikalisches Genie, das sich mittlerweile auf Seiten aller Beteiligten über Jahrzehnte hin entwickelt hat, zusammenkommt, ist eine gewisse Routine nicht verwunderlich. Dennoch fallen der stimmungsvolle und aalglatt produzierte „Mind Your Manners“ und die durchschaubare Country-Nummer „Driving Rain“ mit zu viel bekanntlich wirkungsvollen Passagen auf.

Fazit

7.9
Wertung

Wenn die beiden Künstler sich bei kommenden Alben weiter so steigern, brauche ich in Zukunft weder neues Material von Guns’n’Roses noch von Alter Bridge. Hier kommt das Beste aus beiden Zeitaltern und Welten zusammen – das ist Vor- und Nachteil zugleich.

Miriam Rhein
5.2
Wertung

Slash bleibt seine Virtuosität, "Living The Dream" ist aber zu viel Eigenzitat und Klischee, als dass es sich ernsthaft manifestieren könnte. Dabei hatte Myles Kennedys aktuelles Soloalbum kurz Hoffnung gemacht auf ambitioniertere Sphären gemacht. Schade.

Jakob Uhlig