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Senses Fail und „If There Is Light, It Will Find You“: Core im Pop-Pelz

Der erste Song „Double Cross“ startet und der Blick wandert unausweichlich auf den Player oder die CD-Hülle. Ja, es sind Senses Fail und ja, es klingt verdammt poppig. Doch bevor man erschrocken ausschaltet, sollte man den sanften Klangteppich aufschneiden und die dunklen Dielen sehen, die sich darunter verbergen.
Senses Fail If There Is Light It Will Find You Cover

Senses Fail hielten sich immer irgendwo zwischen Screamo, Metalcore und Emo auf. Auf ihrem siebten Album packen sie jetzt noch eine ordentliche Portion Pop-Punk oben drauf. Auch wenn der Sound von „If There Is Light, It Will Find You“ teils an Bands wie A Day To Remember erinnert, bewahrt die Band sich ihre Identität. Zwischen all den helleren Tönen und tanzbaren Beats verbirgt sich immer noch der dunkle Kern des Quintetts. Noch immer geht es um Probleme und die unschöneren Seiten des Lebens, nur eben mit einer Prise mehr Melodie.

Den eigenen Sound zu ändern ist für viele Bands ein Risiko, könnte es doch die Fans verschrecken. Senses Fail haben sich dem gestellt und eine Gratwanderung geschaffen, die Brücken zwischen ihren Ursprüngen und einer helleren Seite ihres Sounds schlägt. Alles ist melodiöser und klingt freundlicher, nicht jedoch ohne etwas Düsteres zu behalten. Schon der Opener „Double Cross“ zeigt, wo die Reise hingeht. Klangtechnisch in der Nähe der guten Blink-182-Songs, ohne wie ein Abklatsch zu klingen, mit ein wenig mehr Drive. Hört man auf die Lyrics, zeigt sich die wahre Natur. Die Zeilen „While you’re watching from the window waiting, I’ve been spilling my guts out on the stage. I spent the best years of my life drinking myself to sleep at night.“ eröffnen das Album. Auch wenn es danach ein wenig positiver wird, so bleibt die dunkle Grundstimmung immer ein wenig erhalten. Es geht um Kampf. Den Kampf, im Leben klarzukommen und das Licht in allem zu suchen, auch wenn es nicht leicht fällt. Die Texte wirken sehr persönlich und nie aufgesetzt, was dem Album unglaublich gut tut. Jedes Wort wirkt glaubhaft. Jede Note wirkt genau auf den Satz abgestimmt. Es passt einfach gut zusammen.

Sänger Buddy singt und schreit, wenn auch etwas sanfter als früher und passt sich so dem neuen Tönen perfekt an. Das Album wirkt sehr emotional und wenn Buddy mal schreit, dann auch so, dass der Hörer mitleiden muss. Im Titelsong „If There Is Light, It Will Find You“ kommt dann auch noch der Post-Hardcore aus den Jungs wieder raus und die Screams erzeugen Gänsehaut, während die Gitarrensaiten kurz davor sind zu reißen. Senses Fail stecken unsagbar viel Gefühl in die Musik und übertragen es hier auch ungefiltert durch die Boxen. Mag die musikalische Seite nichts auf den Tisch werfen was es noch nicht gab, so ist die Kombination aus dem alten und neuen Sound doch erfrischend. Und dank der Texte und der Stimme des Sängers bleibt die im Kopf. „Remember the passion that you used to have, when music was the only thing that you had? This still is the only thing that, that is worth my breath!“, aus „Double Cross“ trifft es da sehr passend.

Sänger Buddy schrie und sang stets über sein Seelenleid und lässt es sich bei Konzerten auch nicht nehmen, Probleme anzusprechen. Auch auf „If There Is Light, It Will Find You“ wird es wieder sehr persönlich und mehr als einmal legt Buddy den Finger in tiefe Wunden und kratzt mit dem Fingernagel dran. Dies garniert die Band dann noch mit einem Sound, der auch aus den 2000ern kommen könnte und doch aktuell klingt. Das Ganze passt wundervoll zusammen und wer damals mit Glätteisen, Mascara und Röhrenjeans unterwegs war, dürfte hier so richtig glücklich werden. Alle anderen auch.

Fazit

7.7
Wertung

Wenn ich nicht wüsste, dass dieses Album aus dem Jahre 2018 ist, würde ich so auf 2006 tippen. Emo-Pop-Punk wie er im Buche steht, ohne altbacken zu sein und mit der eigenen Note. Und ich liebe es.

Johannes Kley