Red City Radio und „Sky Tigers“: Der Wilde Westen

Den Ursprüngen entwachsen und erwachsen zugleich; so präsentiert sich „Sky Tigers“. Der Blick auf ein Werk, das, trotz geringer Gesamtlänge, vielerlei Eindrücke liefert.

Äußerst stimmgewaltig startet man mit „If You Want Blood (Be My Guest)“ in die vorliegende EP. Die Spannung wird geschickt aufgebaut, indem der Hörer vorerst ungeduldig am Haken zappeln muss. Ein derartiges Organ ohne lautstarke Untermalung? Red City Radio halten es wohl selber kaum länger als eine halbe Minute auf diesem gediegenen Level aus, sodass sich die Erlösung für Fans bodenständiger Gitarrenklänge unlängst anschließt. 
Wäre Johnny Cash nicht 2003 in Nashville verstorben, könnte man beinahe den Eindruck gewinnen, er hätte sich zu einem Gastbeitrag zu Beginn von „In The Shadows“ hinreißen lassen. Den Wilden Westen wird man dem Quartett aus Oklahomas Hauptstadt nicht austreiben können. Oder anders gesagt: Für ein Deutschlandkonzert verlassen Red City Radio in diesem Jahr zwar Oklahoma, doch der dort angesiedelte Spirit wird sicherlich im Club zugegen sein. 
„Rebels“ ist von einem Kanon-Prinzip geprägt. Zugegeben: Die Dramaturgie entwickelt sich dem Namen entsprechend eher in Richtung Chopper und Straßenstaub, als in jene von Familienauto und Felgenwäsche.

Im Titeltrack „Sky Tigers“ öffnet man sich weiteren stilistischen Einflüssen. Während vorher niveauvolles, stellenweise erwartbares Material abgeliefert wurde, hinterlässt das Finale zeitgleich Ausrufe- und Fragezeichen. In der Interpunktion vielleicht fehlerhaft, doch in der Realität genau das, was man sich von Musikern wünscht: Überraschung per Blick über den heimischen Gartenzaun. Nicht jeder Versuch muss ein Klassiker der Bandhistorie werden, doch (fast) niemand wünscht sich jahrzehntelange gleichartige Beschallung. In Anbetracht dessen ist es ein interessantes Lied, das sicherlich öfter gehört werden muss, als es die Abgabefrist dieses Reviews zulässt! 
In conclusio: Für Punkrock ist der Sound zu komplex, die in den Weiten des Internets gängige Einordnung hinkt wie so oft. Derartiger Input lässt sich eben nicht in 120-Sekunden-Brettern verewigen, weshalb eindrucksvolle Gitarrenwände des Mid-Tempo-Sektors den Sound von Grund auf beflügeln.

Fazit

7.4
Wertung

Ginge es nach mir, wäre mindestens die doppelte Spielzeit angebracht. Quantitativ ist sicherlich noch weitaus mehr herauszuholen, die Qualität stimmt bereits jetzt.

Marco Kampe