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Queens Of The Stone Age mit „Villains“: Fulminant trocken

Über vier Jahre ließ Mastermind Josh Homme uns auf ein neues Album seiner Stoner-Rock-Pioniere warten, nur um uns gleich am Anfang des Openers über anderthalb Minuten auf die Folter zu spannen. Ab der ersten Snare ist jedoch klar: Das Warten hat sich gelohnt.
Queens Of The Stone Age Villains Cover

Wunderbar frisch präsentieren sich die neuen Queens Of The Stone Age, mit grimmig-verspielten Blues-Gitarren, einem grandios aufgelegten Frontmann und einem so knochentrockenen Schlagzeug von Jon Theodore, dass man förmlich den Staub der Südstaaten-Steppe spürt. So cool wie in „Feet Don’t Fail Me“ klangen die Queens tatsächlich schon lange nicht mehr, war der Vorgänger „…Like Clockwork“ doch in bedeutungsschwangerer Psychedelik versunken, was großartig und spannend war, aber allzu oft am eigenen Anspruch zu scheitern drohte.

„Villains“ ist da viel straighter: Weniger Inhalt, weniger Experimente, dafür lässige Eingängigkeit mit starker Wirkung. Viele Songs grooven tatsächlich so schön eckig und verschroben, dass man gar nicht anders kann, als das Tanzbein zu schwingen. „The Way You Used To Do“ etabliert spätestens den spröden Gitarrensound und das rustikale, aber immer absolut stimmige Zusammenspiel des Quintetts. Sich schlängelnde Oktaven-Riffs wie in „The Evil Has Landed“ sind sexy und gekonnt auf den Punkt gebracht. Letzterer gehört in seinem großartigen Einsatz von Harmonik und Melodik, verboten gutem Timing, Duh-Duh-Duh-Wahnsinn und Blues-Eskalation sogar zum Besten, was Josh Homme in den letzten Jahren hervorgebracht hat. Da verzeiht man dem Album auch die vermeintliche, weitflächige Inhaltslosigkeit - diese hatte Homme bereits im Vorfeld mit dem Verzicht auf politische Themen geäußert.

Zu der wirklich einzigartigen, trockenen Spielweise der Band gesellt sich zudem ein nicht unwesentlicher Synthesizer-Anteil: „Un-Reborn Again“ und „Fortress“ vereinen den analogen 80er-Sound noch gekonnt mit dem typischen Queens-Anstrich, letzteres klingt in seiner verführerisch-charmanten Eintönigkeit gar wie das Einschlafen nach einer guten Party. „Villains Of Circumstance“ dagegen entführt den Hörer in eine andere Welt: skurril und melancholisch, kitschig und wahnsinnig, streitbar aber gelungen, ein Tim-Burton-Film als Popsong.

Hervorzuheben wäre noch eine Spezialität der Queens Of The Stone Age, nämlich das völlige Aushebeln der Akkordkonventionen eines Songs durch ein Gitarrensolo mithilfe klug eingesetzter Halbtonschritte, arabischer Skalen sowie Bluestonleitern. Gerade dann, wenn man denkt, ein gelungener Song könnte einem nichts mehr geben, greift Troy Van Leeuwen zur Lapsteel-Gitarre und eröffnet neue Welten.

Bei aller gelungenen Eingängigkeit, die Homme einfach nur fucking cool rüberbringt, darf auch der immer noch vorhandene Drang der Band zu Experimenten und Progressivismus nicht zu kurz kommen. Viele der Songs schichten sich komplexer, als es der erste Durchlauf vermuten lässt. Unspektakuläre, aber rhythmisch detailliert durchdachte Riffs wie das von „Domesticated Animals“ machen die Band auch heute noch zu einer der Speerspitzen des Intelligent Rock. Zu viele Songs plätschern dagegen gerade gegen Ende leider ohne großartige neue Einfälle vor sich hin - eine Kürzung hätte das vermieden, die Attitüde des Albums unterstrichen und wäre zudem der Kurzweiligkeit zu Gute gekommen.

Ein nicht unwesentlicher Anteil des Sounds von „Villains“ ist Pop-Experte und Produzent Mark Ronson zuzuschreiben, der bereits mit Amy Winehouses „Back To Black“ oder Bruno Mars‘ „Uptown Funk“ bewiesen hatte, dass er sein Handwerk, in bestimmten Musikern genau das richtige hervorzurufen und das gewisse Tröpfchen Etwas dazuzugeben, bewiesen hatte. Das Album klingt in seiner Trockenheit einzigartig, klassisch und doch innovativ – ein Sound, der momentan wohl als Alleinstellungsmerkmal für die Queens Of The Stone Age gilt.

Einzig ein richtiger Kracher wie zuletzt „I Sat By The Ocean“ oder das legendäre „No One Knows“ fehlt dem Album. Angesichts der wegweisenden Klang-Konsequenz von „Villains“ und seinem wunderbar verschrobenen, zum Tanz aufforderndem Stoner-Blues spricht das Album aber ganz klar für sich.

Fazit

7.4
Wertung

Josh Homme zeigt uns mit grandios spröden Riffs, knochentrockenem Schlagzeug und ganz viel ironischem Sex-Appeal, wie Stoner Rock im Jahre 2017 funktioniert. Trotz kleiner Fehler legen die Queens mit starkem Einfallsreichtum sowohl angenehme Stilsicherheit als auch künstlerischen Mut vor, der in ihrem Gebiet dieses Jahr bisher ihresgleichen sucht.

Julius Krämer