Pretty City und "Colorize": Klassischer Rausch

Die kalte Jahreszeit rückt immer näher, Pretty City blühen trotzdem so bunt wie der Frühling.
Pretty City Colorize Cover

Dabei sind die Songs von „Colorize“ im Kern eigentlich recht klassische 80s-Rocker, wie man sie eigentlich schon längst über haben sollte. Der Trick der Australier ist aber, ihren Sound mit so viel Shoegaze zu erweitern, dass daraus eine frickelige Psych-Erfahrung wird. Im Klartext bedeutet das: Viel Hall, flächige Synthesizer und schwebende Sphären-Effekte. Besonders gut gelungen ist das im Opener „Melt“, in dem die Australier ihre fuzzigen Gitarren-Epen besonders träumerisch verpacken. Dagegen stehen allerdings auch Tracks wie „Running Around“, die sich etwas roher und puristischer geben, was der Abwechslung der Platte einen großen Gefallen tut.

Trotzdem: Am stärksten sind Pretty City, wenn sie ihren Sound in die Surrealität führen. Da helfen verkopfte Interludes wie „[Deft]“ absolut, da wirkt die kräftige Gitarre über dem ansonsten kaum zu identifizierenden Gesang in „Feel The Colour“ wie der letzte Haltepunkt einer Unwirklichkeit und die pathetische Rausschmeißer-Hymne „Ignoring My Friends“ wie ein Relikt strukturierter Pink Floyd. Trotz allem Rausch merkt man dem Quartett an, dass es genau weiß, was es tut. Und das macht „Colorize“ wirklich wertvoll.

Fazit

6.8
Wertung

Obwohl Pretty Citys Sound gewollt rückwärtsgewandt ist, klingen die Australier auf "Colorize" angenehm frisch. Das liegt zum einen an den individuellen Elementen, die jeder ihrer Songs in sich trägt, das liegt zum anderen aber auch an der Liebe, die die Band in ihren Sound steckt. Ich bin verzückt.

Jakob Uhlig