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Press Club und "Endless Motion": Der nächste Schritt

Lagen die letzten beiden Veröffentlichungen von Press Club noch zeitlich sehr nah beieinander, vergingen nun etwas mehr als drei Jahre bis zum Release von "Endless Motion". Zeit, die sich die Australier aus verschiedenen Gründen genommen haben und nehmen mussten.

Eigentlich sollte "Endless Motion" bereits im Jahr 2020 in Berlin aufgenommen werden und sich so in den Einjahresrhythmus der Releases von Press Club nach "Late Teens" aus dem Jahr 2018 und "Wasted Energy" aus dem Jahr 2019 einreihen. Wie es dann kam ist keine Überraschung: Die Pandemie stoppte die Pläne der australischen Band um Natalie Forster und nachdem die letzte Platte in wenigen Tagen eingespielt wurde, bekam die neue Veröffentlichung der Gruppe Zeit zum Reifen. Zusätzliche Zeit, die man dem Album anmerkt.

Beim ersten Anhören des Tonträgers mit dem Schwarzweißcover, welches die Band mutmaßlich bei einem Videodreh aus der Vogelperspektive fotografiert zeigt, scheinen Press Club ihrer Linie aus der Vergangenheit einfach nur treu zu bleiben und getreu dem Motto "never change a running system" zu agieren. Der Sound bleibt rau, Natalie und ihre markante Stimme prägen, wie sollte es bei dieser Frau und ihrem Wiedererkennungswert auch sonst sein, weiterhin das Bild. Und wenn man ganz ehrlich ist würde kaum ein Titel auf "Endless Motion" auf einem der beiden vorangegangenen Alben zu Stirnrunzeln führen. Schaut man jedoch auf die Bewertungen dieser Alben und die Reaktionen auf sie aus der Musikwelt, ist diese Aussage keineswegs als Kritik aufzunehmen. Sie ist ganz im Gegenteil die positive Basis für den nächsten Schritt in das Bewusstsein der Musiklandschaft. Aber "einfach nur" ist nichts an "Endless Motion", welches uns circa 37 Minuten die mit der Band in Verbindung stehenden altbekannten Klänge beschert. Und doch gibt es sie: Die Unterschiede, die die Entwicklung von Press Club markieren.

Um diese in ihrer Anzahl wenigen, aber bedeutenden Unterschiede zu benennen, bedarf es einem Blick hinter den Vorhang der Oberflächlichkeit. Bedingt kann man die Aussage, keiner der Titel von "Endless Motion" würde beispielhaft auf "Wasted Energy" auffallen zwar stehen lassen, und doch steht ein qualitativer Unterschied darüber. Die Musik der Australier bleibt zwar in sich rau, energiegeladen und an manchen Stellen sogar aggressiv in die Studiomikrofone gebrüllt, die Produktion ist jedoch deutlich sauberer. Es kratzt deutlich weniger als auf den vorangegangenen Releases. Der einst in diesem Fanzine beschriebene Effekt, Natalies Gesang würde wie mit einem Spielzeugmikrofon am Kinderkassettenrekorder aufgenommen klingen, wurde mit Feinschliff und Finesse entschärft. Diese Entschärfung war nicht unbedingt notwendig, schadet der Musik aber auch nicht.

Natalie nimmt auf "Endless Motion" immer mal wieder die Energie aus der Stimme, um Strophen mehr zu sprechen als zu singen ("Untitled Wildlife" oder "Less These Days"). Das unterstreicht den Kontrast, der sich bietet, wenn die dazugehörigen Refrains dann wieder Tempo aufnehmen und lauter werden. Die meiste Zeit verbringen Press Club aber in gewohnter Manier damit alles zu spielen, aber keine Ballade. Das Album kommt, entgegen dem Trend, ohne eine einzige davon aus. Stattdessen gibt zehn neue, satte Nummern der australischen Gruppe. Klang "Late Teens" als Debütalbum noch relativ roh, scheint die Band zwei Alben später die Balance zwischen rauer Musik und rauer Produktion gut gefunden zu haben, ohne zu viel Power herauszunehmen. Solange die nächste Veröffentlichung diesen Bogen nicht überspannt und komplett ausgewaschen wird, ein absolut vertretbarer Prozess. Bleibt nur abzuwarten, ob der Nachfolger von "Endless Motion" bereits 2023 in den Startlöchern steht, oder wieder freiwillige oder unfreiwillige Zeit zum Reifen fällig wird.

Fazit

7.5
Wertung

Endlich wieder Press Club! Im Klang deutlich sauberer und dennoch mit keinem bisschen weniger Energie bei der Sache als vor drei Jahren, als "Wasted Energy" mich genauso begeisterte wie das Debütalbum "Late Teens". Hier darf es für mich gerne im gesunden Rhythmus neue Platten der australischen Energiegaranten rund um Natalie Forster geben, ich zieh sie mir alle gerne rein. Immer und immer wieder.

Mark Schneider