Pop-Queen Mine und Rap-Ikone Fatoni mit leidenschaftlicher Ironie auf „Alle Liebe nachträglich“

Das zusammengeschweißte Duo lässt nicht viel Spielraum für seriösen Journalismus. Man kann diese musikalische Mixtur aus Sarkasmus, Zynismus und Charme mögen oder nicht, doch warum diese Überspitzungen?
Mine Fatoni Alle Liebe nachträglich Cover

Weil es halt einfach so ist. In der Welt von Mine und Fatoni ist die Überspitzung normal, und normal ist viel zu krass. Wenn man dann auch noch in fremde Sprachen eintaucht und den heißersehnten „Traummann“ erläutert, hat man das richtige Potenzial für „Alle Liebe nachträglich“. Wer jetzt schon überfordert ist, der wird die Kombination aus melodischem Pop und Off-Beat Rap nicht sonderlich sympathisch finden. Liebe Metal-Gemeinde, ihr müsst jetzt ganz stark sein. An die Leute, die auf abgefahrene Musik stehen und die ein Herz für gesangliche Experimente haben, ihr seid hier richtig.

Man kann jetzt erst einmal gegenüberstellen, was denn Rap und was Pop ausmacht. Da findet man auch auf der Rap-Seite ganz klar Autotune oben. Das nutzen auch Mine & Fatoni auf dem Track „Tattoo“. Doch durch diese wirklich ungeraden Töne, die dabei herauskommen, fühlt sich das Ganze nicht mal mehr ernst gemeint an. Wenn die musikalische Gestaltung schon Ironie beinhaltet, darf man sich hier schon mal eine kleine Vorstellung von den Texten machen. Denn es gibt keinen Text, der einerseits komplett direkt ist, aber auch keine unpolitischen Lyrics. Politik sollte man aber im weiteren Kreise als nur ein von vielen Parteien betrachten.

„Schminke“ bezeichnet zum Beispiel die private Politik. Gerade die Selbstwahrnehmung und das eigene Verhalten wird hier stark unter Betracht genommen. Mit einer sehr liebevoll gestalteten Melodie fällt das Zuhören gar nicht mal schwer. Allgemein steht das musikalische Gesamtwerk auf einem ganz anderen Level als der Rest, der derzeit als Rap und Pop in den Charts ist. Durch das kleine Harmonieorchester im Hintergrund gibt es natürlich sehr ausgefuchste Ideen bei der Gestaltung. Zwischen Streichern und Bläsern hat die Ironie ihren schönsten Platz gefunden. Mine und Fatoni nehmen typische Beziehungsklischees herzensgut auf den Arm. „Denn das nicht mehr drüber reden verbessert den Beziehungsstand“ - wie es doch so schön in „Romcom“ heißt.

Mit zwei Features auf 10 Songs hat die Platte auch eine schöne Anzahl gefunden, zumal die Zusatzmusiker auch nur unterstützend wirken. Danger Dan von der Antilopen Gang unterstützt Fatoni bei der absolut Mine-klassischen Nummer „Aua“. Und auch der gleichzeitige Tour-Support Tristan Brusch darf seine melancholische Pop-Oper-Stimme bei „Mehr“ preisgeben. Beide passen wirklich gut in  Bild der Platte. Den Vogel haben Mine und Fatoni aber wirklich bei „Traummann“ abgeschossen. Vieles davon darf man so offen gar nicht im Internet sagen, da ja auch Kinder unsere Plattformen nutzen. „Vielleicht schmeckt's beim Anderen immer besser als bei dir“ heißt es dabei unter anderem. Der Definitionsspielraum ist offen.

Dass die beiden sich zusammengetan haben tut der deutschen Musikszene vielleicht unglaublich gut. Am Meisten zieht es vielleicht aber doch Mine und Fatoni hoch. Beide liefern auf „Alle Liebe nachträglich“ ihr bestes Werk ab. Die Beiden tauchen in vollkommen andere Welten als sonst ein. Das merkt man musikalisch vollkommen. Eine harmonische und sehr liebevoll gefertigte Platte, die definitiv einen sehr hohen Popularitätscharakter hat.

Fazit

7.6
Wertung

Ich war beim Titelsong „Alle Liebe nachträglich“ sehr skeptisch. Aber mit „Romcom“ haben mich die beiden dann schnell wieder überzeugt. Ich liebe diese Mischung. Mine war vorher schon klasse und jetzt hat sie mit Fatoni ihr männliches Ebenbild auch musikalisch gefunden. 

Ole Lange
6.7
Wertung

Mine & Fatoni bewegen sich oft am Hang zum Kitsch, man verzeiht es ihnen ob der unterhaltsamen und manchmal erschreckend lebensnahen Text sowie einem liebenswürdigen Zusammenspiel der beiden Musiker jedoch. Trotz der manchmal arg gewollten Songs versprühen diese eine angenehme Leichtigkeit und warten mit netten Alltags-Parabeln auf, hinter denen oft mehr steckt, als man denkt. 

Julius Krämer