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Pianos Become The Teeth und "Wait For Love": Das Leben danach

Das vierte Album von Pianos Become The Teeth steht ganz im Zeichen der Selbstfindung nach dem Band-eigenen Meisterstück. Die Lösungen der Kalifornier sind noch nicht endgültig, lassen aber hoffen.

2014 hatten Pianos Become The Teeth mit einem Mal das Schreien verlernt. Der Grund dafür durfte durchaus in der Resignation von Frontmann Kyle Durfey gefunden werden. Dessen Vater verstarb während den Arbeiten am Album „The Lack Long After“ an multipler Sklerose, und Durfeys Trauer über diesen Verlust riss auch zum Nachfolger „Keep You“ nicht ab. Die Gefühle eines solch tiefgreifenden Erlebnisses ließen sich irgendwann nicht mehr mit geballter Post-Hardcore-Wut beschreiben, sondern münden vielmehr in bittere Kraftlosigkeit. Und so war „Keep You“ nicht nur ein musikalischer Neuanfang für Pianos Become The Teeth, sondern auch eines der schmerzhaftesten musikalische Werke der letzten Jahre.

Doch was nun? Drei Alben lang hat Durfey alles Gefühle zu seinem Vater gebeichtet und seine Trauerarbeit damit scheinbar hinter sich gelassen. Steht „Wait For Love“ nun vor einer Stunde Null? Musikalisch lässt sich das zumindest nicht behaupten, denn stilistisch setzt die vierte Platte des Quintetts die Gedanken des Vorgängers fort. Pianos Become The Teeth werden daher auch auf ihrem neuen Silberling zu keinem Zeitpunkt roh und aggressiv, sondern bewahren sich stets ihre sanften Klangreisen zwischen Indie und Emo, die die Band mit unheimlich feinfühligen Post-Rock-Elementen anreichert. Letztere sind mittlerweile so stark ausgeprägt, dass die Band sie immer wieder problemlos zur Hymne transformieren könnte. So schmettert „Manila“ an seinem Höhepunkt Gitarrenwände mit melancholisch gewaltiger Bitterkeit auf, in „Fake Lightning“ klingt Durfey wie eine geschmackvolle Version von Jared Leto und „Dry Spells“ baut sich über eine lange Zeit allmählich zum Ausbruch auf, der sich dann mit großer Tragfähigkeit einnistet. Trotz solcher einladenden Grundlagen zieht die Band aber nie die Karte der gewaltig erhobenen Melodie, wofür man ihr durchaus dankbar sein kann, denn so steht „Wait For Love“ nicht nur für deutlichere Stilsicherheit, sondern auch für Authentizität.

Und thematisch? Da spricht nach wie vor Durfeys innere Zerrissenheit, die sich dieses Mal aber mehr auf zwischenmenschliche Beziehungen zu konzentrieren scheint. So fühlt sich auch „Wait For Love“ noch zerbrechlich an und sucht nach wie vor nach dem rettenden Licht am Horizont. „We’re alive but tired“ heißt es da resignierend im Closer „Blue“, und steht sinnbildlich für eine Platte, die ihren Titel sehr deutlich erklärt und mentale Fortschritte macht, ohne am rettenden Ufer angekommen zu sein. Pianos Become The Teeth schaffen mit ihrer neuesten Platte zwar keinen überragenden Meilenstein wie ihren Vorgänger, beweisen aber, dass ihnen ihre neue Stilistik nicht nur auf einem Album sehr gut steht. „Wait For Love“ ist somit immer noch ein treuer Begleiter gepeinigter Seelen, der sich musikalisch wie lyrisch warmherzig anschmiegt und Hoffnung nicht aus Lösungen, sondern aus Beistand schöpft.

Fazit

7
Wertung

Ob Pianos Become The Teeth auch in Zukunft noch Glanztaten vollbringen werden? Da bin ich mir unsicher. Für den Moment steht aber fest, dass "Wait For Love" unglaublich traurigschön ist und der nach wie vor ungewohnte Stil der Band nicht für Anbiederung, sondern für neu gewonnene Inspiration steht.

Jakob Uhlig