Pale|Seas und "Stargazing For Beginners": Modellhafter Glanz

Glattgebügelter britischer Indierock funktioniert zur Zeit mindestens so gut wie Popcorn im Kino. Erfrischenderweise verpassen Pale|Seas ihrem Genre dennoch ein paar Reißzähne.

Eigentlich funktionieren die Songs auf „Stargazing For Beginners“ ganz ähnlich wie die Tracks von verwandten Bands wie Catfish And The Bottlemen. Die Refrains sind eingängig und gleichzeitig smooth, das Songwriting ist simpel aber wirkungsvoll, die Gitarren grooven verspielt und recht minimalistisch durch die Songs. Das klappt zwar immer wieder gut, ist bisweilen aber auch herzlich egal und austauschbar. Pale|Seas wirken dem mit ihrer Soundkonstruktion entgegen: Ihre Instrumentals werden durch schillernde Shoegaze-Elemente ergänzt, die etwa die melancholische Melodie von „In A Past Life“ in ein wesentlich monumentaleres Geflecht stürzen. Besonders gut wird das, weil „Stargazing For Beginners“ trotzdem nie dem Kitsch verfällt. Die glitzernden Sternenglanz-Synthesizer sind zwar stets offensiv, schaffen es aber gerade so, den Bogen eben nicht zu überspannen. Einen interessanten Kontrast bietet außerdem die Stimme von Frontmann Jacob Scott, die eine hohe Tonlage mit einem gleichzeitig kratzigen Unterton vollführt. Letzterer erinnert durchaus an das Timbre von Cigarettes-After-Sex-Sänger Greg Gonzalez.

Trotz aller Britpop-Affinität wissen Pale|Seas außerdem eben doch, dem Spannungsbogen ihres Debütalbums immer wieder interessante Momente zu verleihen. So bettet sich der an einen kirchlichen Ritualgesang erinnernde Titeltrack etwa als geschickter Kontrapunkt inmitten zweier schneller Indierock-Songs ein. „Heal Slow“ baut zur Unterbrechung einer gigantischen Synthie-Klangwand ein Solo ein, dass durch seine rohe Beschaffenheit und den scheppernden Gitarrensound nahtlos den Übergang zum Garage-Rock findet. „Evil Is Always One Step Behind“ lässt die Platte gar progressiv ausklingen und baut behutsam ein großes Sound-Monument auf, das anschließend mindestens ebenso anmutig wieder verklingt. Es sind vor allem diese griffigen Ecken und Kanten des Songwritings, die „Stargazing For Beginners“ seinen besonderen Glanz verleihen. Pale|Seas könnten so zu den Aushängeschildern eines Genres werden, in dem oft viel zu viel Potential verschenkt wird.

Fazit

7.8
Wertung

Erst Vant, nun Pale|Seas - 2017 war für den Britrock ein tolles Jahr. Wie unterschiedlich diese beiden Beispiele sind, zeigt, wie viel Möglichkeiten in diesem Genre stecken. "Stargazing For Beginners" weiß umso genauer, wo seine Lücke liegt.

Jakob Uhlig
7.5
Wertung

Gibt man diesem Album den Raum, den es benötigt, entführt es den Hörer in die wundervolle Welt der Musik. Auch wenn es vielleicht einen Moment braucht, um hereinzukommen - es lohnt sich! 

Johannes Kley