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NOFX - First Ditch Effort

What a time to be alive. Der Herbst 2016 ist ein wahres Fest für Freunde des 90er Jahre Punks. NOFX legen nun nach vier langen Jahren endlich mit “First Ditch Effort” ein neues Album nach und gehen mit sich selbst hart ins Gericht.

“Six years on dope” ist der kraftvolle, kurze Opener des 13. Studioalbums. Sänger “Fat Mike” blickt selbstkritisch mit seinen Kollegen auf eine drogenreiche Vergangenheit zurück. Im Song beschreien sie ihren Zustand in dieser Phase: Leere Hüllen, kindische Erwachsene und einfach nur rücksichtslose Arschlöcher. In “I don`t like me anymore” blickt Mike noch einmal in den Spiegel und findet sich selbst zum Kotzen. Das Album ist jetzt allerdings kein pathos-geschwängertes Machwerk, sondern ist kontrovers und direkt wie man es von NOFX gewohnt ist. In “Oxy Moronic” bekommt gleich die gesamte Gesundheitsbranche ihr Fett weg. Die sogenannte “open-minded” Punkszene kommt in “I’m a transvest-lite” auch nicht gut weg. NOFX-Kenner wissen natürlich über “Fat Mikes” Vorliebe für Damenbekleidung und seine diversen Cross-Dressing-Konzerte Bescheid. Spätestens seit der Veröffentlichung des autobiographischen Buches “The Hepatits Bathtub and Other Stories” über NOFX geht der Sänger viel offener mit dem Thema um. Er möchte nicht als Transvestite falsch verstanden werden, er mag es nur, ab und zu mal Frauenkleider zu tragen. Why the fuck not!

“First Ditch Effort” ist wesentlich ernster als die vorherigen Scheiben. Als Hörer bekommt man hier dennoch eine unterhaltsame und solide Punkscheibe präsentiert. “Sid and Nancy” und “California Draught” heben sich hier musikalisch besonders von den anderen Liedern ab - schön schneller, melodischer Punkrock mit kraftvollem Gesang und starken Backing-Vocals meisseln den Status Quo von NOFX auf hohen Niveau fest. “Dead Beat Mom” fängt großartig unterhaltsam mit einem Chor an und geht in einem Gitarrensolo auf eh es in die erste Strophe den selbstsüchtigen Müttern ordentlich an den Kragen geht.

Die letzten zwei Lieder der Scheibe sind allerdings noch einmal bitterernst. In “I’m so sorry Tony” verabschiedet sich die Band von Tony Sly, dem Frontmann von “No use for a name”. Tony war einer der besten Freunde von Mike und für ihn ein Mensch, der ihm die Augen geöffnet hat. Auch hat Mike tiefen Respekt vor seinen Songwriter-Fähigkeiten gehabt und bezeichnet seinen Tod nicht als Tragik sondern schlichtweg als Katastrophe. Vier Zeilen aus dem Song stechen hier besonders hervor:

All the endless nights we had, the 20 years of laughs I've looked, but I can't find any photographs Of us, because it's weird to take photos with your best friends Cause you don't think that you'll never see them again

Der letzte Song auf dem Album nimmt gleichzeitig mit 5:08 Minuten einen Großteil der 33 Minuten Spielzeit ein. “Generation Z” ist eine sehr düstere Vision einer noch düsteren Zukunft. “Was ist die Generation Z” fragt Joachim Hiller vom Ox-Fanzine den Sänger. “Es ist die letzte Generation. Ich fürchte, es besteht die Mäglichkeit, dass unsere Kinder zu der Generation gehören, die das Ende der Menschheit, wie wir sie kennne, miterleben werden” antwortet der Frontmann (“Fat Mike”, Ox-Fanzine, Ausgabe 128, S. 32). Dass das Thema der Band extrem wichtig ist, beweist allein schon die Spielzeit. Rassismus, Umweltverschmutzung und der Klimawandel sind für Mike klare Zeichen für “das Ende der Gesellschaft, wie wir sie kennen” (“Fat Mike”, Ox-Fanzine, Ausgabe 128, S. 32). Der Song teilt sich exakt in der Hälfte. Die ersten 2:32 Minuten sind Ausblick auf die Zukunft und der Rest des Songs wird von der “Generation Z” vertreten durch Darla, Mikes Tochter, Fiona, Tony Slys Tochter, und Mikes Stieftochter. Sie liest ein Gedicht vor, die anderen Beiden singen und schreien über die “Generation Z”.