Reviews

Mr. Irish Bastard und „The Desire For Revenge“: Stippvisite im Irish Pub

Wenige Genres legen den textlichen Fokus derart stark auf Vorkommnisse der hiesigen Pub-Landschaft wie der Irish-Folk. Je nach Spielart mal direkter, mal verschachtelter. Der Teufel, die Freundschaft und Seemannslieder dürfen keinesfalls fehlen, weshalb „The Desire For Revenge“ auch ebenjene in sich vereint.

„Black Eye Friday“ verkörpert den zielstrebigen Anlauf des vorliegenden Albums und signalisiert: Nichts von dem, was Irish-Folk ausmacht, soll der Hörer missen müssen. Gefällige Melodien umgeben von tanzbaren Kulissen, die vor dem inneren Auge die ersten Circle-Pits auf der kommenden Tour aufblitzen lassen. Eine Erzählung über Oliver Cromwell, gleichermaßen ruhmreiche und umstrittene Persönlichkeit des spätmittelalterlichen Bürgerkriegs in England, schließt sich nahtlos und mit gleichbleibender Qualität an. Im Folgenden findet ein steter Wechsel zwischen Schunkel-Nummern („Poor Irish Billy“), tauglich für jeden Guinness-getränkten Abend, und ungehemmten Up-Tempo-Stücken („Pirates Of The Irish Sea“) statt. Letztere sind zumeist herkömmlich vertont, sodass es keiner näheren Besprechung bedarf. Böse Zungen würde behaupten: Kennt man einen Song, kennt man alle.

Ab und an beschleicht den Hörer tatsächlich das Gefühl, Zeuge von eher mittelmäßig spannendem Material zu werden. „I Only Like You When I´m Drunk“ bewegt sich im besprochenen, musikalischen Gefilde (durchaus legitim!) und der Text kann maximal als seichte Unterhaltung gewertet werden. Der Mittelteil der Platte plätschert dahin, bis speziell das Schluss-Trio zu überzeugen vermag. „Time After Time“, im Original ein Hit der 80er von Cyndi Lauper, lässt aufhorchen. Die Vorlage wird jedem Hörer bekannt sein, die Umsetzung ist originell ist und macht schlichtweg Spaß. „The Soundtrack Of My Life“ traut man in dieser Form einer jeden Punkband zu; griffig und hymnisch. „...Before The Devil Knows You´re Dead“ schlägt in eine vergleichbare Kerbe, obwohl hier überwiegend mit akustischen Gitarren und Akkordeon gearbeitet wird. Die zugrundeliegende Stimmung der Songs ähnelt sich. Somit stehen Eingängigkeit und der enorme Mitsingfaktor einer überstrapazierten Bedienung von Klischees gegenüber.

Für Freunde der Musikrichtung wird der Kauf definitiv kein Fehlgriff sein. Eine klangliche Revolution wäre erst notwendig, sollte das bestehende Konstrukt nicht mehr tragfähig sein – von diesem Punkt ist man weit entfernt. Anhänger von Fiddler´s Green, Flogging Molly und Konsorten werden musterhaft bedient.

Fazit

6.3
Wertung

Mich spricht „The Desire for Revenge" insofern an, als dass ich auch Sympathien für die weiteren Genre-Vertreter besitze und hier allenfalls Nuancen den Unterschied ausmachen. Ordentliches Album mit coolem Cover-Hit, welches mir insgesamt ganz gut gefällt.

Marco Kampe