Montreal und „Hier und heute nicht“: Nachdenkliche Witze

Montreal beweisen ihr Standing in der deutschsprachigen Punkrock-Szene einmal mehr mit einem Album voller Charme, hintergründiger Ernsthaftigkeit und natürlich Spaß.

2019 wird die Band Montreal „Sweet 16“. Ihr 15-Jähriges feiert das Trio aus Hamburg trotzdem noch, indem der im Herbst vergangenen Jahres erschienene Song „15 Jahre für die Punchline“ die neue Platte beendet. „Hier und heute nicht“ heißt das neue Werk von Hirsch, Yonas und Max Power. Zwölf Songs wie erwartet voller (Wort-)Witz, Ohrwürmern, manchmal absurden, aber auch ernsten Themen.

So stellt sich der Hörerschaft bei Track sechs die Frage, was die Band gegen den zweiten Februar hat, der wohl ein ziemlich langweiliger und kalter Tag zu sein scheint. In „Der Eine und der Andere“ schlägt die Band dagegen gesellschaftskritische und nachdenkliche Töne an, stellt verschiedene Aussagen gegenüber. Doch das Fazit: Am Ende sind alle tot und werden von Würmern zerfressen - mit der Aussage war nach den ersten Zeilen eigentlich nicht zu rechnen, aber hey, wir sind hier schließlich bei Montreal.

Denn was das Hamburger Trio auch auf seinem siebten Full-Length-Album auszeichnet, ist der Witz, mit dem es an ernsthafte Themen herangeht, mit dem es aber auch völlig alltägliche Dinge überhaupt zum Thema macht und so absurd erscheinen lässt. Da darf auch mal der beste Freund kritisiert werden, schließlich ist er selbst schuld, dass er Freundin und Job verloren hat, aber als bester Freund darf man sowas ja sagen, auch wenn es vielleicht „zu ehrlich und zu hart“ ist („Schlechter bester Freund“). Der Song endet übrigens mit einem (nett gemeinten?) „Gern geschehen“.

Musikalisch erfinden Montreal sich nicht neu, spielen routiniert ihren Punkrock, der von vielen Wiederholungen und leicht mitzusingenden (weil eingängigen) Refrains lebt. Die Spielfreunde merkt man ihnen trotzdem an. Bei zwei Sängern in der Band gibt es zudem häufig Backgroundgesang und auch das hohe Live-Potenzial des Materials ist definitiv zu hören.

Am Ende geht es, wie angekündigt, dann um den vergangenen Band-Geburtstag. Sechs Alben in 15 Jahren, „drei davon sind gut, die anderen so na ja“, 700 Konzerte „zum Aufwärmen“, für ein paar Musikvideos schämt sich die Band anscheinend nicht mehr. Unterstützt werden die drei von jeder Menge prominenter Kollegen: Farin Urlaub, Ingo Knollmann (Donots), Sebastian Madsen (Madsen), Cosa Cannabis (Sondaschule), Sebastian Hafner (Itchy) und Pensen Paletti (Monsters of Liedermaching, Das Pack). Das macht Spaß zu hören und erhöht die Vorfreude auf die kommende Herbsttour.

Fazit

7.4
Wertung

Montreal haben mit „Hier und heute nicht“ ein solides Album abgeliefert, das nicht überrascht - weder positiv noch negativ. Charme, Witz und die gewohnten Ohrwurm-Refrains sind vorhanden: Was will man mehr? Die unterschwellige Ernsthaftigkeit, oder auch nur einen ernsten Gedanken hinter den Lyrics kannten wir schon vorher, und auch die sind wieder vorhanden. Somit ist Album Nummer sieben ein logischer Nachfolger auf „Schackilacki“.

Lara Teschers
7.7
Wertung

Montreal bleiben sich treu und schaffen erneut den Spagat zwischen Belustigung, Ernsthaftigkeit und schlichtweg guter musikalischer Unterhaltung. Die ein oder andere private Anekdote (sofern sie denn stimmt), Stichwort Costa von Sondaschule, und Inhalte zum „um die Ecke denken“ verleihen dem Album Leben. Für mich als Fan der Band absolut keine Fehlinvestition und die Fortsetzung einer starken, beachtenswürdigen Diskografie.

Mark Schneider