Reviews

Memphis May Fire und „Broken“: Die Angst, sich festzulegen

Das sechste Studioalbum von Memphis May Fire bringt auf seinen zehn Titeln immens viele verschiedene musikalische Elemente und Richtungen mit sich. Die Band öffnet viele Türen, traut sich aber durch keine davon voll und ganz hindurchzuschreiten.

„Broken“ stammt aus der Produktion von Kane Churko. Da den meisten Musikkonsumenten die Namen von Produzenten hinter den Bands rein gar nichts sagen, belegt man diese direkt mit Beispielen. Churkos schmückt sich zum Beispiel mit Namen wie Five Finger Death Punch, Papa Roach und Ozzy Osbourne und der Produzent hat mit der Musik dieser Künstler definitiv verdammt gute Arbeit geleistet. Das neueste Werk von Memphis May Fire reiht sich rein qualitativ ohne Frage in die genannten Veröffentlichungen ein und überzeugt unter diesen Gesichtspunkten auf ganzer Linie. Der Sound der Metalcore-Formation wirkt auf Album Nummer sechs extrem stimmig. Die Drums prasseln nur so auf einen ein, wuchtige Gitarrenriffs drücken durch die Boxen und die Stimme von Matty Mullins hat trotz einiger Schwachpunkte zumindest durchweg die richtige Lautstärke. Sauber produziert also.

Die Musik an sich macht aber natürlich nicht aus, wie sie produziert wurde, sondern welchen Input eine Band seinem Produzenten liefert. Hier zeigt „Broken“ mehrere Gesichter und kommt mit so einigen positiven wie auch negativen Begleiterscheinungen um die Ecke. Aber was erwartet man von einem Album einer so erfahrenen Band wie Memphis May Fire? Songs, die man gerne mitsingt und die einem vor allem den richtigen Text und die richtige Melodie genau dafür vorgeben. Texte, die nicht zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus gehen, sondern hängen bleiben und Input zum Nachdenken geben. Und zu guter Letzt natürlich einen zumindest an den richtigen Stellen brachialen Sound, schließlich will man ja Metalcore hören und nicht die neueste Radio-Ballade des lokalen Senders.

Leider erfüllen Memphis May Fire diese Erwartungen nur im instrumentalen Sinne und auch dort viel zu selten. Auf Mitsinghymnen wartet man vergeblich, die Texte scheinen nur die Randnotiz eines Songs zu sein. Die Breakdowns und härteren Parts jedoch sitzen zum Glück richtig. Bis auf die eher ruhigeren und langsameren Nummern wie „Sell My Soul“ und das Trennungsdrama „You And Me“ definiert sich „Broken“ durch die zuvor genannte instrumentale Variabilität. Dabei bedient sich die Band einer immensen Variation und wechselt oft zwischen ruhigeren und härteren Parts. „Heavy Is the Weight“ und „Over It“ sind eher elektronisch belastet, „Live Another Day“ brilliert als schneller, harter Song mit der ein oder anderen ruhigeren Passage. Dominiert wird der Tonträger aber vor allem von cleanem Gesang, welcher häufig mit Effekten versehen wird und dem damit die Natürlichkeit leider verloren geht. Auf Screams wartet man meist vergeblich und kann die Einsätze gefühlt an einer Hand abzählen.

Memphis May Fire kombinieren auf „Broken“ viele verschiedene Elemente, ohne das Album einfach mal in eine Richtung gleiten zu lassen. Auf einen ruhigen Song folgt ein harter, auf einmal tauchen elektronische Elemente auf und ehe man sich verhört, steckt man mitten in einer Ballade. Das klingt hin und wieder gut, meistens aber einfach zu Standard. Insgesamt wirkt „Broken“ sehr darauf ausgelegt, der breiten Masse zu gefallen und verzichtet zu oft auf Metalcore-typische Screams, um stattdessen nahezu dauerhaft mit cleanem Gesang das ein oder andere Leid zu beklagen. Die Band packt vieles an, variiert und vermischt auch innerhalb eines Songs so einiges und vergisst dabei die Songs zu produzieren, die das Zeug dazu haben, mehrere tausend Konzertbesucher in einen inbrünstigen Chor zu verwandeln.

Fazit

5.5
Wertung

Mir fehlt in „Broken“ all das, wofür ich Metalcore mal lieben gelernt habe. Härte im Gesang, kombiniert mit clean gesungenen, eingängigen Passagen. Das Album lässt das leider gänzlich vermissen und man jammert stattdessen so vor sich hin. Das reißen auch die instrumental brachialeren Parts nicht raus. Und bin ich der einzige, den „You And Me“ unweigerlich an Rihannas „Unfaithful“ erinnert?

Mark Schneider
5.1
Wertung

Hinter der neuen Memphis-May-Fire-Platte steckt viel Systematisierung innerhalb der Musik. Dadurch bleibt der Text dürftig auf der Strecke liegen. Mit Screamo nur noch als Akzentuierung und weniger als explizites Stilmittel verheddert sich das Album und kommt nicht an. Trotz Kraftlosigkeit entwickelt „Broken“ nur einen gewissen Charme, ohne über typische Genre-Sounds hinauszukommen.

Ole Lange