Reviews

Marilyn Manson und "Heaven Upside Down" - Schockrocker mit Alterserscheinungen

Jesus gelang die Wiedergeburt. Dem „Antichrist Superstar“ irgendwie nicht.
Marilyn Manson Heaven Upside Down Cover

Marilyn Manson dürfte den meisten reichlich bekannt sein. Seit 1994 hat der Schockrocker die Höhen und Tiefen der Musikindustrie durchlebt. Einst anerkannt in beinahe allen Subkulturen von Metal über Goth bis Punk, waren Alben wie „Antichrist Superstar“ oder „Holy Wood“ in vielen CD-Regalen zu finden. In den letzten Jahren war er dagegen eher mit peinlichen Liveauftritten, Knochenbrüchen und einer fraglich fragilen Freundschaft mit Justin Bieber in den Medien.

Das neue Album „Heaven Upside Down“ liefert nun zehn neue Tracks. In typischer Manson-Manier schreit und stöhnt sich Marilyn durch die teils düsteren, teils brutalen Lieder. Musikalisch gibt es hier wieder alles, was die Effektgeräte hergeben. Von Gitarren, Bass, Drums, Beats und Gesang wird alles verzerrt und zu einem kontrollierten Chaos gebracht. Gepaart mit den teils provokanten, teils sozialkritischen Lyrics ergibt dies die bewährte Formel für ein Manson-Album, ohne jedoch wirklich anzuecken. Mit seiner lasziven, stöhnenden Stimme singt Manson wie in der Ballade „Blood Honey“ teils sinnlich, nur um im Chorus dann voll aufzudrehen und schmerzverzerrt zu schreien. Songs wie die Vorabsingle „We Know Where You Fucking Live“ haben diesen typisch arrogant klingenden Unterton in der Stimme. Die Produktion des Albums ist gut und überzeugt auch stimmtechnisch. Wer Mansons Stimme mag, bekommt hier was für sein Geld.

Musikalisch ist „Heaven Upside Down“ die bewährte Mischung aus harten Gitarrenriffs, Synthies, hämmernden Drums und elektronischen Spielereien. Die Songs sind abwechslungsreich und halbwegs eingängig geschrieben, ohne jedoch im Ohr zu bleiben. Ohrwurmcharakter gibt es hier kaum. Die Lieder sind nicht unbedingt schlecht, nur gibt es eben keinen Hit à la „Fight Song“ oder „Beautiful People“, den man nicht mehr aus dem Kopf bekommt. Manche der Songs laden sicherlich zum Mitwippen ein, wirklich fesseln kann jedoch keines der Lieder.

Textlich geht es um Manson als Person, Weltgeschehen, Drogen, Sex und Religion. Die Lyrics sind meist gut geschrieben, enthalten genug Schimpfwörter für den begehrten „Parental Advisory“-Sticker auf dem Cover und machen teilweise richtig Spaß, wirken aber teils auch überzogen. Textzeilen wie: „I write songs and I fight and I fuck, too. If you wanna fight, then I’ll fight you. If you wanna fuck, I will fuck you. Make up your mind or I’ll make it up for you.“, wirken eher peinlich und lassen den Verdacht erstarken, da versuche jemand krampfhaft am Schockrocker-Image festzuhalten. Der Zug ist schon vor Jahren auf dem Abstellgleis gelandet. Nur Manson selbst scheint das noch nicht zu wissen.

„Heaven Upside Down“ ist ein mittelmäßig gutes Album von Marilyn Manson. Die volle Bandbreite seiner Band wurde hier aufgefahren und wer mal wieder Lust auf ein Album ebenjener hat, wird mit diesem Werk auch bedient. Radikale Neuerungen oder frische Ideen sucht man allerdings vergebens. Es klingt nach Marilyn Manson - mehr nicht.

Fazit

5
Wertung

Die Wiedergeburt des Antichristen gibt es hier nicht. Er sagt SAY10, ich eher 9DANKE.

Johannes Kley