Das Plädoyer für das Weinen in „Kein Fahrtwind“ räumt auf mit der toxischen Annahme, dass Weinen ein Zeichen von Schwäche ist, dass man sich fürs Weinen schämen müsste und das aus den Kehlen dieser Männer zu hören ist wahrer Balsam für die Seele. Doch es ist so viel Platz für Glück und Hoffnung, denn Lygo haben zwei Manifeste der Angst verfasst. Da wäre zum einen das unendlich schwere „Altersheim“. Ein Memento Mori, aber voller Resignation, denn egal was passiert, ob uns nun die Klimakatastrophe auslöscht oder wir im Alter sterben, am Ende bleibt nichts mehr. Nach dem Tod kommt das Vergessen, so wie ein zweiter Tod. Und wäre das nicht düster genug, kommt mit „Feuerzeug“ noch ein Fanal der Angst. Nicht nur in Anspielungen an Oury Jalloh, die Angst vor Polizeigewalt gerät ähnlich stark außer Kontrolle wie die Polizeigewalt an sich.
Der Albumtitel passt perfekt, beim ersten Hinsehen, beim näheren noch besser. „Lygophobie“ ist nicht die Angst vor der Band, sondern die übersteigerte Angst vor Dunkelheit. Und doch richten Lygo die Scheinwerfer direkt auf die Probleme, die wir gerne im Dunkeln lassen würden. Probleme, vor denen wir Angst haben. Diese Scheinwerfer sind sensationell aufgestellt, denn sie tun weh, legen Finger in die Wunden. Wenn das musikalisch nicht so gut umgesetzt wäre, könnte man in Frage stellen, warum man das Album hören soll, denn es bedeutet nicht weniger als sich Ängsten zu stellen.