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Lucifer und „II“: Eine Heavy-Rock-Masterclass

Drei Jahre nach “I” und einigen Besetzungswechseln (unter anderem ist Nicke Andersson jetzt als Schlagzeuger mit dabei) liefern Lucifer mit “II” einen Langspieler allererster Güte ab.

Nach dem Ausstieg von Gitarrist und Co-Songwriter Gaz Jennings wurde es lange ruhig um die Band und Johanna selbst. Doch mit Nicke Andersson fand sich ein mehr als adäquater Ersatz. Laut eigener Aussage war Nicke von Anfang an gespannt wie sich die Zusammenarbeit mit Johanna gestalten würde, da er normalerweise alleine Songs schreibt. Hört man allerdings das Ergebnis, kann man zweifelsfrei sagen, dass sich hier zwei gefunden haben. Die beiden sind übrigens mittlerweile verheiratet, also an dieser Stelle noch einmal: Mazel tov!

Musikalisch geht es im Vergleich zum Vorgänger deutlich rockiger und weniger metallisch zur Sache. Durchsetzt mit okkulten und psychedelischen Vibes denkt man immer wieder an Black Sabbath oder Blue Öyster Cult. Der Song “Phoenix” könnte auch ohne weiteres von The Devil’s Blood stammen, vor allem Johannas Einsatz von Vibrato macht diese Parallelen deutlich. Das stört aber zu keinem Zeitpunkt, Lucifer klingen nie nach einer bloßen Kopie.

Dabei vermischt die Band immer wieder den harten Blues-Rock der späten 60er mit dem frühen Heavy Metal der 70er. “Eyes in the Sky” beginnt mit einem Black-Sabbath-Riff, wechselt in der Strophe zu Jefferson Airplane, zieht zum Ende hin nochmal das Tempo an und klingt auf einmal nach Big Brother And The Holding Company. Und das Ganze mit einer Natürlichkeit und einer Smoothness, die die songwriterischen Qualitäten der Band nochmals unterstreicht. Bluesiger wird es mit “Before The Sun”, bevor Johannas Gesang von einem Thin-Lizzy-Refrain abgelöst wird. Hier zeigt sich auch noch einmal das wahnsinnig gute Drumming von Nicke: immer songdienlich, immer on point und trotzdem nicht im Hintergrund.

Generell brillieren Lucifer beim Kombinieren von verschiedenen Stilen, Stimmungen und Dynamiken. Die Fusion aus dem Acid-geschwängerten Heavy-Rock der 60er, frühem Heavy-Metal und der genau richtigen Dosis an okkulter Ästhetik, machen “II” zu einer der stärksten Veröffentlichungen des Jahres. Auch die Produktion des Albums klingt knackig, erdig und transparent. Der Bass röhrt in bester AMPEG Manier, das Schlagzeug klingt nach Schlagzeug und die sehr warmen Gitarren sollten jedem Hard-Rock-Liebhaber das Herz aufgehen lassen.

An dieser Stelle noch einmal ein Lob an die Saitenfraktion, oder viel mehr, mal wieder, Herrn Andersson. Der Mann hat die kompletten Bass-Parts und die Hälfte der Gitarren selbst eingespielt, und beides greift einfach perfekt ineinander. Der Bass füllt immer wieder Lücken mit sehr geschmackvollen Läufen, schraubt dann in genau dem richtigen Maß zurück um noch präsent zu sein, ohne den Rest der Band in den Hintergrund zu rücken. Über Johannas phänomenalen Gesang muss eigentlich nichts mehr gesagt werden. Definitiv eine der stärksten Hard-Rock-Platten des Jahres.

Fazit

9.3
Wertung

Was soll man sagen: Nicke Andersson is the man. Egal was der Mann anfasst, es wird großartig. Und so übertrumpfen Lucifer mit “II” das starke eigene Debüt und zementieren sich als feste Instanz und Anwärter auf den Thron von The Devil’s Blood.

Jonas Mönter